Drei Wochen vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen hat Markus Söder eine Obergrenze für Migration gefordert. Grüne, SPD und Linke kritisieren den Vorstoß, aus der Schwesterpartei CDU bekommt Söder Unterstützung.

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Die Bundesregierung hat die Forderungen von CDU und CSU nach einer Obergrenze zur Aufnahme von Geflüchteten in Deutschland zurückgewiesen. "Eine Obergrenze löst das Problem nicht", sagte Vizeregierungssprecher Wolfgang Büchner am Montag in Berlin. Das Problem müsse auf europäischer Ebene gelöst werden.

CSU-Parteichef Markus Söder hatte einen "Deutschlandpakt" mit einer Aufnahme-Obergrenze von rund 200.000 Asylbewerbern pro Jahr gefordert. Söder rechne in diesem Jahr mit bis zu 400.000 Asylanträgen in Deutschland. Bislang haben rund 220.000 Menschen 2023 in Deutschland Asyl beantragt, die meisten davon aus Syrien, Afghanistan und der Türkei.

Söder kritisierte, dass die Asylbewerberzahlen in Deutschland ansteigen, während etwa im Nachbarland Österreich die Zahlen zurückgingen. Migration sei deshalb nicht nur eine europäische, sondern auch eine nationale Frage. Wenn die Flüchtlingszahlen zu hoch seien, sei Integration nicht mehr leistbar, sagte Söder mit Verweis etwa auf die Kapazitäten von Kindertagesstätten und Schulen. "Es braucht jetzt eine grundlegende Wende", betonte er.

"Wahlkampfquatsch": Scharfe Kritik von Linken und SPD

SPD-Chef Lars Klingbeil reagierte mit Kritik auf Söders Vorschlag. Rund drei Wochen vor der Wahl in Bayern habe Söder "wieder zur großen Keule ausgeholt" und mache Politik auf dem Rücken von Migrantinnen und Migranten, sagte der SPD-Politiker am Montag in Berlin. Es sei ein Politikmodell von Söder, dem Bund immer Ratschläge zu erteilen, "aber selbst anpacken wäre ja auch nicht falsch".

"Deswegen können wir nur dringend davon abraten, jetzt Gesellschaft zu spalten und hier dann wirklich mit solchen Worten auch dafür zu sorgen, dass die Polarisierung weiter vorangetrieben wird", betonte Klingbeil. Die SPD wolle mit einem Politikstil, der die tatsächlichen Probleme anpacke und für Lösungen sorge, die "große Frage der Migration" anpacken. "Aber das erreichen wir nicht durch große Sprüche, sondern indem wir tatsächlich etwas verändern", sagte Klingbeil.

Linken-Vorsitzende Janine Wissler bezeichnete das Gerede von einer Obergrenze am Montag als "populistischen Wahlkampfquatsch". Jeder wisse, dass es überhaupt nicht möglich sei, Menschen davon abzuhalten vor Bomben und vor Hunger zu fliehen. "Was passiert dann mit den Menschen, die nach Europa kommen, wenn die Obergrenze erfüllt ist? (...) Wollen wir wirklich, dass an den EU-Außengrenzen auf Menschen geschossen wird?"

Auch CDU und FDP machen Vorschläge in Migrationsdebatte

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann machte dagegen deutlich, dass die CDU wie Söder weniger Zuwanderung will: "Die Zahlen müssen herunter", sagte Generalsekretär Carsten Linnemann am Montag nach Sitzungen der CDU-Spitzengremien in Berlin. Sein Plan sind Grenzkontrollen innerhalb der EU und damit eine Abkehr von Schengen und einem europäischen Reisen ohne Grenzkontrollen.

Dafür sollten wie an der deutsch-österreichischen Grenze auch an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz Grenzkontrollen eingeführt werden. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sei in der Verantwortung, dies umzusetzen. Außerdem sollten die Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsstaaten im Asylrecht eingestuft werden.

Die FDP kritisierte die Forderung nach einer Obergrenze und macht eigene Vorschläge. Sie will eine bundesweite Bezahlkarte etablieren, mit der Asylbewerber ihren täglichen Bedarf im Einzelhandel decken können. Anders als bei der Auszahlung von Geld wären dann keine Rücküberweisungen in Herkunftsländer möglich, heißt es in einem Beschluss des Parteipräsidiums. "Damit würde ein wesentlicher Anreiz zur Einreise in die Sozialsysteme entfallen", argumentiert die FDP in einem neuen Papier.

Bundesregierung unterstützt EU-Plan

Die Bundesregierung setzt in der Asylpolitik dagegen auf europäische Zusammenarbeit und signalisierte Unterstützung für den Notfallplan von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für die Bewältigung der Flüchtlingskrise in Italien. Der Plan sieht unter anderem eine strengere Überwachung der Meeresgrenzen bis hin zu einem Marineeinsatz vor. "Wir werden das nicht anders machen können", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Sonntagabend in der ARD. "Ansonsten bekommen wir die Migrationslage so nicht in den Griff."

Faeser sprach sich wie von der Leyen für eine Verstärkung der Maßnahmen gegen Schleuser aus. "Die Schleusungen haben unglaublich zugenommen und bringen viele Menschen in Gefahr", sagte die Ministerin. "Wir verändern jetzt das Recht, indem man auch Schleusern zum Beispiel hier den Aufenthaltstitel entziehen kann."

Zudem will Faeser nach eigenen Angaben eine Taskforce zur wirksameren Bekämpfung der Schleuserkriminalität einrichten. Daran werde sich auch Tschechien beteiligen, mit Polen und Österreich werde noch über eine Mitarbeit diskutiert. (dpa/afp/lko)

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