• Generalmajor Carsten Breuer soll den Krisenstab der künftigen Bundesregierung leiten und die Impfkampagne stärker vorantreiben.
  • Doch schon jetzt ist die Bundeswehr in die Verteilung von Impfstoffen involviert.
  • Viele fragen sich auch deshalb: Was ist so neu an dem Gremium?

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Der künftige Kanzler Olaf Scholz hat ihn am vergangenen Mittwoch groß angekündigt: den Krisenstab der künftigen Bundesregierung. Das Gremium, mit dem nun alles besser werden soll. Sinkende Corona-Fallzahlen und steigende Impfquote. Der SPD-Politiker benannte den Stab explizit als die erste Maßnahme, welche die rot-grün-gelbe Koalition in ihrem Kampf gegen die Corona-Pandemie veranlassen werde.

Der Krisenstab "wird die Lage kontinuierlich begutachten und beobachten und die Umsetzung der Beschlüsse prüfen", erklärte Scholz damals. Am Samstag schob er auf Twitter nach, dass die Bundesregierung und der Stab "einen neuen, präzisen Umgang mit den aktuellen Herausforderungen zu Corona und Omikron" entwickeln werde.

Doch wie sich der Stab zusammensetzt und wie genau das Gremium arbeiten soll, verrät auch der Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien nicht. Auch dort heißt es zusammengefasst nur: Die neue SPD-geführte Bundesregierung will alles "neu ordnen".

Krisenstab soll noch Anfang der Woche starten

Immerhin: Über die Einsetzung und die Aufgabenstellung stehen die geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr designierter Nachfolger Scholz in engem Kontakt, wie Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin sagte. Es gehe dabei auch um Abstimmung mit den Bundesländern, dazu gebe es ebenfalls Gespräche. Als eine wichtige Aufgabe des Gremiums nannte Seibert, die Impfkampagne stärker voranzutreiben.

Am Sonntagabend hatte FDP-Chef Christian Lindner bekannt gegeben, dass der Krisenstab bereits in den nächsten Tagen seine Arbeit aufnehmen könne – und damit noch vor Amtsantritt der Regierung aus SPD, Grünen und FDP. SPD-Chefin Saskia Esken konkretisierte am Montag im Bayerischen Rundfunk: Der Stab soll bereits "zu Beginn dieser Woche" starten.

"An der Spitze wird ein deutscher General stehen", sagte Lindner in der ZDF-Sendung "Berlin direkt". Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" ist für die Leitung des Stabes Generalmajor Carsten Breuer im Gespräch. Der 56-Jährige führt das Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr, das unter anderem für die Zusammenarbeit militärischer Kräfte mit zivilen Organisationen in Deutschland und für Einsätze der Streitkräfte im Inland zuständig ist.

Lindner: Weniger reden, mehr handeln

Lindner betonte, man müsse vom Reden zum entschlossenen Handeln kommen. Auch er sagte, wie Merkels Sprecher: Notwendig sei eine bessere Logistik beim Impfen. Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann lobte die Wahl Breuers. "Ich freue mich über diese Entscheidung, den Corona-Krisenstab im Bundeskanzleramt von General Breuer, dem Chef des Kommandos Territoriale Aufgaben, leiten zu lassen. Ein hervorragender Mann mit großer Expertise in solchen Situationen", twitterte sie.

Strack-Zimmermann verwies in dem Zusammenhang auf Spanien und Portugal, wo ranghohe Militärs die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie und insbesondere die Logistik der Impfkampagnen koordinierten. "Diese beiden Länder stehen inzwischen viel besser da als wir", bemerkte sie. Das heißt: Auch in Deutschland soll die Armee dabei helfen, die Impfquote zu steigern.

"PR-Stunt" der Ampel-Regierung?

Carlo Masala, Politik-Professor an der Bundeswehr-Universität in München, kritisiert hingegen das Vorhaben wie auch die Besetzung der Stabsleitung scharf. Den Krisenstab durch Breuer leiten zu lassen, sei eine "Schnapsidee" und ein "PR-Stunt", schrieb der Sicherheitsexperte auf Twitter.

Masala zufolge ist das deutsche System "in keinster Weise" mit den beiden südeuropäischen Ländern vergleichbar. Dort sei zum einen die Bereitschaft der Bevölkerung zum Impfen viel höher. Zum anderen würde die Bundeswehr bereits jetzt Teile der Impflogistik organisieren. Um Impfungen in Deutschland zu verteilen, brauche es keinen General als Chef des Krisenstabs, sondern es reiche, wenn die Verteidigungsministerin oder der Verteidigungsminister Teil des Gremiums ist, betonte Masala. Aus seiner Sicht wäre für die Leitung der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Ulrich Baumgärtner, besser geeigneter – oder der künftige Kanzler Scholz selbst.

Der Direktor des Soziologischen Forschungsinstitutes an der Universität Göttingen, Berthold Vogel, verwies in einem Interview mit unserer Redaktion ebenso darauf, dass in den romanischen Ländern "politisch konsequenter gehandelt und offenbar auch die Gesellschaft als Ganzes stärker angesprochen" worden sei. Mit Blick auf Deutschland heißt das: Auch ein Krisenstab wird Impfskeptiker nicht umstimmen und die Fehler der Großen Koalition in der Coronakrise nicht wettmachen können.

Auch die Regierung Merkel hat einen Krisenstab, der von einem General geführt wird

Dazu kommt: Bereits jetzt wird die Corona-Lage fortwährend beobachtet und bewertetet, unter anderem durch das Robert-Koch-Institut und einen bereits existierenden Krisenstab. Das bestehende Gremium werde laut Gesundheitsministerium gemeinsam mit dem Innenressort geführt und tage wöchentlich, an diesem Dienstag zum 99. Mal. Der Stab erstelle unter anderem auch einen täglichen Lagebericht. Beteiligt seien weitere Ministerien. Laut Innenministerium war das Gremium unter anderem auch an der Entwicklung von Einreisevorgaben beteiligt.

Ein Sprecher des CDU-geführten Bundesgesundheitsministeriums verwies zudem darauf, dass die Leitung des Corona-Krisenstabs durch einen Militärvertreter ebenso nicht neu sei. Schon der bisherige Stab der Regierung Merkel wird von einem General geführt – von Generalstabsarzt Hans-Ulrich Holtherm als Leiter der Abteilung Gesundheitsschutz im Ministerium.

"Was soll das Neues bringen?", fragt sich CSU-Chef Markus Söder mit Blick auf den Krisenstab der Ampel-Regierung. Das Land benötige vor allem dringend einen neuen Bundesgesundheitsminister oder eine neue Gesundheitsministerin sowie neue Möglichkeiten zur Beschleunigung der Booster-Kampagne, bemerkte der bayerische Ministerpräsident.

Abgesehen von der künftigen Leitung des Gesundheitsministeriums scheint auch die weitere Besetzung des Krisenstabes noch ziemlich unklar. So drängte der Vizepräsident der Wissenschaftsakademie Leopoldina, Robert Schlögl, am Montag im RBB darauf, dass in dem Gremium auch die Leopoldina vertreten ist. Bund und Länder müssten jetzt einheitlich argumentieren und einheitlich handeln, forderte der Wissenschaftler. Deshalb sei der vorgesehene Corona-Krisenstab im Kanzleramt extrem wichtig. Da ist er sich mit der Ampel-Regierung einig.

Mit Material von dpa und AFP.

Wegen Omikron-Variante: Söder will Impfrecht schnell ausweiten

Angesichts der dramatischen Corona-Lage hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder eine Gesetzesänderung gefordert. Er möchte, dass sich Apotheker, Pflegekräfte sowie alle Ärzte an der Impfkampagne beteiligen können. Die rechtliche Möglichkeit dazu müsse schnell und "am besten diese Woche" geschaffen werden, sagte der CSU-Politiker im ZDF-"Morgenmagazin".
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