CDU-Chef Merz und sein CSU-Kollege Söder wollen die Entscheidung über die K-Frage der Union im Spätsommer treffen. Der ist bald zu Ende. Merz betont, die Gremien würden einbezogen.

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Wer Friedrich Merz beobachtet, könnte meinen, die Entscheidung über die K-Frage der Union sei längst gefallen. Im Bundestag fordert der CDU-Vorsitzende Olaf Scholz in Redeschlachten heraus, beim Thema Migration versucht er die Offensive. Öffentlich lässt Merz durchblicken, wie die Union Koalitionen ausloten will, sollte sie die nächste Bundestagswahl gewinnen. Der SPD-Kanzler scheint den Chef der größten Oppositionsfraktion als wichtigsten Herausforderer ausgemacht zu haben und lässt sich von Merz zu persönlichen Attacken hinreißen.

Nun hat Friedrich Merz eine baldige Entscheidung über die Frage der Kanzlerkandidatur der Union bei der nächsten Bundestagswahl angekündigt. Auf die Frage, ob seine Entscheidung in diesem Zusammenhang gefallen sei, sagte der CDU-Vorsitzende in der ZDF-Sendung "Berlin direkt" nur knapp: "Bald." Die Union zögere bei der Frage nach der Kanzlerkandidatur nicht. «Sondern wir haben einen festen Fahrplan. Und an diesen Fahrplan werden wir uns halten", fügte Merz hinzu.

CSU-Chef Markus Söder und er "werden einen Vorschlag machen, und dann werden sich die Parteivorstände von CDU und CSU damit beschäftigen", sagte Merz. "Das ist der Fahrplan, den wir immer hatten. Und ganz einfach: Den halten wir ein."

Merz werden beste Chancen auf die Kanzlerkandidatur zugesprochen

Hört man sich in Berlin in der Union um, gibt es kaum jemanden, der glaubt, dass sich Merz die Kandidatur noch streitig machen lassen würde. Qua Amt werden ihm beste Chancen zugesprochen: In der CDU sitzt er fest im Sattel.

Dem 68-Jährigen wird zugutegehalten, dass er die Partei nach dem Machtverlust 2021 und dem Ende der Ära von 16 Jahren Kanzlerin Angela Merkel wieder aufgerichtet und inhaltlich neu aufgestellt hat. Auch in der Unionsfraktion wird dem Sauerländer großer Rückhalt bescheinigt – anders als 2021 dem damaligen CDU-Chef und später gescheiterten Kanzlerkandidaten Armin Laschet.

CDU-Kreise rechnen mit einvernehmlicher Lösung der K-Frage

In der Union rechnen sie mit einer zeitnahen Lösung der K-Frage. Merz und Söder würden ihren Parteigremien einen einvernehmlichen Vorschlag vorlegen, heißt es in CDU-Kreisen. Bei den Christdemokraten gebe es viel Unterstützung für Merz, ebenso in der CSU.

Die Entscheidung werde mit großem gemeinsamem Respekt auch unter Einbeziehung der CDU-Landesvorsitzenden und dem ebenfalls als möglichem Kandidaten gehandelten nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst fallen.

Söders Ehrgeiz wird auch in der CSU registriert

Dass sich Söder nach wie vor für einen überaus geeigneten Kandidaten hält, hat der bayerische Ministerpräsident nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen Anfang September mehrfach öffentlich deutlich gemacht. Auch wenn von Söder selbst und in der CSU immer betont wurde, dass Merz der Favorit sei.

Auf einem Volksfest sagte der 57-Jährige vor jubelnden Anhängern im Bierzelt: "Ich würde mich nicht drücken, Verantwortung für unser Land zu übernehmen." Im ZDF erklärte er wenig später, er sei bereit, die Ampel-Koalition abzulösen, "ob als Ministerpräsident oder Kanzlerkandidat". Auch in der CSU wurde aufmerksam registriert, dass der ehrgeizige Franke zeitweise keine Möglichkeit ausließ, seine Bereitschaft zur Kandidatur zu betonen – um es höflich zu formulieren.

Merz lässt solche Äußerungen aus dem Süden der Republik an sich abperlen. In der CDU wurden Söders Vorstöße von Anfang des Monats als Versuche gesehen, auszuloten, ob er nicht doch noch aus den Reihen der großen Schwesterpartei gerufen werde. "Aber es ruft keiner", heißt es lakonisch. Zu tief sitzt noch der Ärger über den Machtkampf Söders mit Laschet, den der mächtige Bayer 2021 mit immer neuen Sticheleien vorangetrieben hatte.

Söder gibt Hoffnung nicht auf

Zwar gehen auch bei den Christsozialen eigentlich alle davon aus, dass Merz sich die Kanzlerkandidatur nicht nehmen lassen wird. Die Sache sei faktisch längst entschieden, heißt es. Dennoch dürfte Söder die Hoffnung noch nicht ganz aufgeben haben in dieser Woche könnte er bei einer CSU-Klausur in Bayern womöglich zum letzten Mal die Werbetrommel für sich rühren. Und natürlich dürfte er Umfragen genau studieren, in denen er in der K-Frage vor Merz und Wüst liegt. Aber was nützt es ihm? Vermutlich nichts. Zumal es auch andere Umfragen gibt, in denen Merz oder Wüst die Nase vorne haben.

Söder dürfte zweierlei treiben: Er will keinen Zweifel aufkommen lassen, dass es – aus seiner Sicht – nur die Wahl zwischen Merz und ihm gibt. Sollte also Merz aus irgendwelchen Gründen stolpern oder ausfallen, so will Söder der einzig denkbare Ersatzkandidat sein. Das dürften sie in der CDU anders sehen. Dort heißt es, in diesem Fall käme wohl Wüst zum Zug. Der 49-Jährige gilt vielen bei den Christdemokraten ohnehin als eine Art Kronprinz, sollte Merz Kanzler werden und nach vier Jahren nicht weitermachen wollen.

Zum Zweiten aber dürfte Söder die Preise hochtreiben wollen: Wenn Merz Kanzlerkandidat und am Ende möglicherweise Kanzler wird, soll er das Söder und der CSU teuer bezahlen müssen. Mit wichtigen Ministerien, gar einem Vorschlagsrecht fürs Bundespräsidentenamt? Es wird schon wild spekuliert in der CSU.

Merz in der Zwickmühle

Für Merz ist die Lage nicht trivial: Er weiß um die Ambitionen Söders. Doch einsame Entscheidungen des CDU-Vorsitzenden lässt die verzwickte Lage in der Union nicht zu. Merz muss Söder so gut es geht einbinden und auf Augenhöhe begegnen. Der CDU-Vorsitzende kann sich kaum einen frustrierten CSU-Chef leisten, der trotz gegenteiliger Beteuerungen mit seiner CSU nur halbherzig für den gemeinsamen Erfolg kämpft.

Die Gefahr allerdings wird in beiden Parteien gemeinhin als gering angesehen: Beide Unions-Granden wissen, dass sie beim Projekt Regierungsübernahme aufeinander angewiesen sind. Und Fakt ist auch: Mit einem Kanzlerkandidaten Merz könnte die CSU letztlich gut leben: Merz steht der CSU politisch sehr nahe, er wird geachtet ganz anders als damals Laschet.

Die K-Frage und die Geschichtsbücher

Auch wenn Merz und Söder empört zurückweisen dürften, ein anderes Ziel als das Wohl Deutschlands im Sinn zu haben: Würde Söder Kanzler, wäre er der erste CSU-Politiker in dem Amt. Das hatte selbst der legendäre Franz Josef Strauß nicht geschafft. Und Edmund Stoiber war bei der Bundestagswahl 2002 knapp gegen den damaligen SPD-Kanzler Gerhard Schröder gescheitert.

Merz wiederum wäre der erste Vorsitzende in der Geschichte der Bundesrepublik, der es geschafft hat, seine Partei nach nur vier Jahren in der Opposition wieder zurück ins Kanzleramt zu führen. Ein Eintrag in die Annalen der Union wäre ihm sicher. (Jörg Blank, Christoph Trost und Marco Hadem, dpa/bearbeitet von tas)

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