AfD-Chef Tino Chrupalla sonnt sich bei "Anne Will" im guten Ergebnis seiner Partei in Sachsen-Anhalt – wird dann aber von Sahra Wagenknecht heftig angegriffen. Robert Habeck reißt beim Thema CO2-Steuer der Geduldsfaden.
Wo wurde nochmal gewählt? Ach ja, Sachsen-Anhalt, richtig:
Aber schon am Wahlsonntag um 22 Uhr geht es bei "
Dementsprechend verliert die Runde kein Wort zur Performance der bisherigen "Kenia"-Koalition oder die konkreten Probleme der Menschen in Sachsen-Anhalt, sondern schmeißt sich lieber ins bundespolitische Getümmel zwischen der "diktatursozialisiert"-These des Ostbeauftragten Marco Wanderwitz und den Klimaplänen der Grünen.
Besonders hitzig wird es zwischen
Das sind die Gäste bei "Anne Will"
Ein klarer Erfolg für die ganze Union, auch für
"Es gibt nur noch zwei Volksparteien in Sachsen-Anhalt: CDU und AfD", sagt AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla. Auch wenn Reiner Haseloff ein Bündnis klar ausschließt – Chrupalla ortet den Wählerwillen in einer Koalition der beiden Parteien.
Deutschlandradio-Hauptstadtkorrespondentin Nadine Lindner erkennt im Osten eine Art neues Parteiensystem: "CDU, SPD oder Linke als starke Ministerpräsidenten-Partei, dahinter die AfD auf dem zweiten Platz, und dann kommen die Zwerge."
Robert Habeck ist "auch von mir selbst enttäuscht", dass seine Grünen im Osten noch immer nicht mit ihren Themen durchdringen. Die Spritpreisdebatte habe sicher nicht geholfen, aber: "Es ist doch traurig, wenn alle immer nur fragen, was war letzte Woche los – und nicht, was die letzten 30 Jahre los war."
Das ist der Moment des Abends
Wagenknechts Linkspartei galt nach 1990 lange als die Volkspartei des Ostens und als Anwalt des "kleinen Mannes" - beides Rollen, die jetzt die AfD für sich beansprucht. Bundessprecher Tino Chrupalla behauptet sogar, seine Partei sei "die einzige Opposition im Bundestag", was die Linke zu einer atemlosen Tirade anstachelt.
"Wer hat denn im Bundestag soziale Themen angesprochen?", beginnt Wagenknecht. Mindestlohn, Mietpreisbremse, Hartz-IV-Erhöhung, all diesen Bereichen habe sich die AfD verweigert. "In sozialen Fragen sind Sie ein Totalausfall!"
Der Landesverband Sachsen-Anhalt sei eng mit Neonazi-Kreisen verbunden, Spitzenkandidat Oliver Kirchner verkehrte in einer Facebook-Gruppe, in der User das Bild von Anne Frank auf eine Pizzaschachtel montierten, Aufschrift: ofenfrisch. "Das finde ich so widerwärtig, so ekelhaft. Wenn Sie mit solchen Leuten antreten, können Sie sich nicht hersetzen und so tun, als wären Sie die große konservative bürgerliche Opposition, das sind sie nicht."
Und nein, Wagenknecht ist noch nicht fertig: Was noch schlimmer sei, dass ausgerechnet diese Partei vom berechtigten Unmut vieler Menschen profitiere, die sich von der Politik "im Stich gelassen" fühlen. "Sie haben vor dem Wirtschaftsaufschwung vor Corona nichts abbekommen, sie waren bei Corona wieder die Verlierer (…). Das muss sich dringend ändern, damit die AfD nicht profitiert."
Das ist das Rede-Duell des Abends
Gegen Wagenknechts Brandrede wehrt sich Chrupalla nicht, lieber zielt er auf Robert Habeck. Der Grünen-Chef macht die Spaltung in Deutschland nicht zwischen Ost und West oder Arm und Reich aus, sondern eher zwischen denen, die positiv auf Veränderungen blicken, und jenen, die Angst davor haben.
"Die Bürger kommen nicht mit", wirft Chrupalla ein, "Sie müssen erklären, warum die CO2-Steuer gut sein soll für die Leute. Wer soll das bezahlen?" 1.440 Euro Mehrbelastung für eine vierköpfige Familie rechnet Chrupalla vor, eine "falsche Zahl", wie Habeck korrigiert, aber der AfD-Chef lässt sich nicht beruhigen. "Lächerlich", wettert er, als Habeck den Rückzahlungsmechanismus der "Klimadividende" erläutert. "Das versteht doch niemand!"
"Erstens hören Sie nicht zu und zweitens wollen Sie es nicht verstehen", blafft Habeck zurück, Chrupalla, früher in der Jungen Union, redet weiter dazwischen, bis dem Grünen der Geduldsfaden reißt: "Sie können nicht sagen, Sie hören zu, wenn Sie immer dazwischen brabbeln. Was lernt man eigentlich in der Jungen Union, gar nichts, oder was? Benehmen jedenfalls nicht."
Ein paar Minuten später ist der Zorn noch nicht verflogen, Habeck spricht Chrupalla irrtümlich als "Herr Wanderwitz" an, und entschuldigt sich – aber nicht bei Chrupalla: "Herr Wanderwitz, wenn Sie zuschauen, ich wollte Sie nicht verwechseln mit einem unangenehmen Politiker."
So hat sich Anne Will geschlagen
Stell Dir vor, Du bist Wahlsieger, und keiner weiß, wie Du heißt. Erst spricht Ingo Zamperoni im Tagesthemen-Extra den alten und neuen Ministerpräsidenten als "Herr Haselhoff" an, dann richtet Karl Lauterbach einen Glückwunsch-Tweet an "Reiner Haselhoff", und auch Anne Will und ihre Gäste sprechen seinen Namen immer wieder falsch aus.
Zum Mitschreiben: Der Mann heißt Reiner Haseloff, gesprochen Hase-loff. Immerhin hält sich Will an die eherne Regel "No jokes with names", anders als die "Tageszeitung", die den Ministerpräsidenten in Anspielung auf David Hasselhoff in Baywatch-Montur auf den Titel hob: "Haseloff rettet CDU".
Das ist das Ergebnis
Welche Schlüsse zieht eigentlich die Bundes-AfD aus den über 20 Prozent in Sachsen-Anhalt? Noch immer schwelt in der Partei ja ein Streit zwischen den radikaleren Kräften, die vor allem im Osten stark sind, und den etwas moderateren Rechtsaußen vom Schlage eines Jörg Meuthen.
Chrupallas Co-Vorsitzender hatte gesagt, mit einem Kurs näher an der Mitte wäre die Partei bei den Wahlen erfolgreicher gewesen - für Chrupalla die "Einzelmeinung eines Parteimitglieds". Sagt's, und grinst in sich hinein, während Will in ungläubiges Gelächter ausbricht: "Das ist der Bundessprecher." Der nächste AfD-Showdown, er kommt bestimmt.
Für die Grünen will Robert Habeck "kein Richtungsergebnis für irgendwas" erkennen. Sahra Wagenknecht rät ihrer Partei, sich nicht an den Diskursen der "Selbstgerechten" zu beteiligen – ganz zufällig auch der Titel ihres neuen Buches, in dem sie Aktivisten von Fridays for Future bis Black Lives Matter als Vertreter "immer kleinerer und skurrilerer Minderheiten" beschimpft, die ihre Identität in "irgendeiner" Marotte fänden, und dabei die guten alten linken Themen wie soziale Gerechtigkeit vergessen.
Und die Union? Für die hat Journalistin Nadine Lindner einen Tipp parat: "Ein Abgrenzungskurs zur AfD zahlt sich machtpolitisch aus."
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