- Nur sechs Monate vor der Bundestagswahl ist die CDU bei den wichtigen Landtagswahlen im Südwesten des Landes abgestürzt.
- Bei den Landtagswahlen haben sich in Baden-Württemberg die Grünen und in Rheinland-Pfalz die SPD als stärkste Kraft behauptet.
- In den Ländern rücken nun Machtkonstellationen unter Ausschluss der Christdemokraten in den Blick.
Nach dem historischen Wahldebakel in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sucht die CDU nach Wegen aus der Krise. Sechs Monate vor der Bundestagswahl im Herbst pochte Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) auf mehr Teamgeist und Geschlossenheit gerade im Kampf gegen die Corona-Pandemie. "Alle Entscheidungen sollten möglichst einmütig getroffen werden. Das ist das, was die Bürgerinnen und Bürger in dieser Pandemie-Zeit gerade von der Union erwarten", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.
Der frühere CDU-Umweltminister
Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion,
Bei den Landtagswahlen zum Auftakt des Superwahljahrs hatten sich die Grünen in Baden-Württemberg und die SPD in Rheinland-Pfalz klar als stärkste Kraft behauptet. Die CDU mit ihrem neuen Parteichef Armin Laschet schnitt dagegen jeweils so schlecht ab wie nie. In beiden Ländern könnten SPD, FDP und Grüne nun Ampel-Bündnisse schmieden - und die CDU als je zweitstärkste Kraft außen vor lassen. In der Union wachsen Befürchtungen, dies könne ein Signal auch für den Bund sein.
Nach dem vorläufigen Ergebnis errangen die Grünen in Baden-Württemberg mit Ministerpräsident
In Rheinland-Pfalz gewann die SPD mit ihrer populären Regierungschefin
Was ist das Bemerkenswerte an diesem Wahlabend?
- OFFENES RENNEN UMS KANZLERAMT
Kurz vor dem Ende der Ära Angela Merkel ist es eine schockierende Einsicht für viele in der Union: Nur noch sechs Monate bis zur Bundestagswahl, und das Rennen ums Kanzleramt ist offen. Die CDU landete am Sonntag zwar in beiden Ländern trotz Verlusten auf Platz zwei - Grüne, SPD und FDP können aber Bündnisse ohne sie schmieden. Das geben die Umfragen auf Bundesebene zwar (noch?) nicht her, aber SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz wittert Morgenluft und stellt kämpferisch fest, eine Regierungsbildung ohne die CDU sei möglich, «bei der die SPD führen kann und den Kanzler stellen kann». Hinzu kommt: Auch die Grünen könnten im Bund nochmal zulegen, wenn sie ihre möglichen Kanzlerkandidaten, Annalena Baerbock oder Robert Habeck, erst ausgerufen haben und dann geschickt in Szene setzen.
- DIE CDU MUSS LIEFERN, VOR ALLEM IN PUNCTO K-FRAGE UND C-FRAGE
Bei der CDU türmen sich zurzeit die Probleme. Geklärt werden muss nicht nur die K-Frage nach der Kanzlerkandidatur der Union, sondern auch die C-Frage nach der angemessenen Corona-Politik, die auch gutwillige Bürger immer öfter mit dem Kopf schütteln lässt. Viel Kritik gab es zuletzt vor allem an den CDU-Bundesministern Jens Spahn und Peter Altmaier wegen schleppender Corona-Impfungen, verschobener Massentestungen sowie verzögerter Nothilfezahlungen an Firmen und Selbstständige. Licht am Ende des Tunnels ist kaum in Sicht, denn die dritte Pandemiewelle baut sich auf, trotz langer Wintermonate im Lockdown.
Hinzu kommt die Korruptions- und Lobbyismusaffäre, die aus Sicht der CDU keinen Langzeit-Imageschaden anrichten darf: Mehrere bisherige Bundestagsabgeordnete stehen unter Korruptionsverdacht, weil sie bei Geschäften mit Masken Hunderttausende Euro Provision kassiert haben oder Zuwendungen aus dem autokratischen Aserbaidschan angenommen haben sollen. Bei der ungelösten Machtfrage, wer Kanzlerkandidat wird, wollen der erst seit wenigen Wochen amtierende CDU-Chef
- POPULÄRE AMTSINHABER RÄUMEN AB
Die Wahlsiege gehen zu einem großen Teil aufs Konto der populären und über Parteigrenzen hinweg beliebten Regierungschefs. Sogar die meisten CDU-Sympathisanten in Baden-Württemberg wünschten sich laut Umfragen vorab, dass Kretschmann weiter Ministerpräsident bleibt - er tritt nun seine dritte Amtszeit an. Ähnlich dominant ist die Rolle Dreyers in Rheinland-Pfalz. Ihr CDU-Herausforderer Baldauf hatte es im Wahlkampf unter Corona-Beschränkungen schwer, gegen sie zu punkten. Dass die Wahlsiege an die Personen gebunden sind, zeigt schon der Blick ins jeweils andere Land: Die SPD in Baden-Württemberg kommt dort nur knapp über 10 Prozent, die Grünen in Rheinland-Pfalz landen trotz starker Zugewinne knapp unter der 10-Prozent-Marke.
- WÄHLEN MIT DEM VIRUS
Es waren die ersten großen Abstimmungen in Deutschland unter Corona-Bedingungen. Sie liefen anders ab und fühlten sich anders an, als es Bevölkerung und Politiker über Jahrzehnte eingeübt haben. Abstand, Maske, Plexiglas, desinfizierte Kugelschreiber - sehr vieles war ungewohnt. Wegen der latenten Ansteckungsgefahr wählten in beiden Ländern viel mehr als sonst vorab per Briefwahl.
Auffällig: Obwohl sich nach einem Jahr Corona-Krise viel Frust in weiten Teilen der Bevölkerung aufgestaut hat, wurden die extremen politischen Ränder nicht gestärkt. Die AfD blieb in beiden Ländern deutlich hinter den Ergebnissen von 2016 zurück, die damals aber auch stark unter dem Eindruck der Flüchtlingskrise standen. Auch die Linke scheiterte in den beiden westdeutschen Flächenländern erneut. (dpa/dh)
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