Bad Griesbach - Die Freien Wähler wollen die Bundesregierung mit einer Verfassungsklage zu einer schärferen Asylpolitik zwingen – insbesondere zu umfassenden Zurückweisungen von Migranten an den Grenzen.

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Das sagten Parteichef Hubert Aiwanger und Landtagsfraktionschef Florian Streibl zum Abschluss einer Fraktionsklausur im niederbayerischen Bad Griesbach. Sie stehen damit aber in der Koalition in Bayern allein: Die CSU wies den Vorschlag sogleich als nicht zielführend und sogar als kontraproduktiv zurück.

Aiwanger und Streibl verwiesen auf Artikel 16a des Grundgesetzes. Dort stehe klipp und klar, dass politisch Verfolgte Asylrecht genössen – es sei denn, sie kämen aus einem EU-Land, sagte Streibl. Man müsse die Bundesregierung daraufhin verklagen, dass dieser Artikel eingehalten werde. "Die Bundesregierung muss sich ans Grundgesetz halten – und das fordern wir ein, zum Wohl und zum Schutz der Menschen in unserem Land." Aiwanger und Streibl sagten, es gebe zu der Verfassungsklage einen einstimmigen Fraktionsbeschluss.

"Zeugt leider nicht von großer verfassungsrechtlicher Kompetenz"

Aiwanger appellierte an den großen Koalitionspartner CSU, gemeinsam eine solche Klage in Karlsruhe voranzutreiben - eine Idee, die der frühere Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) schon 2016 gehabt habe. Die CSU sei "informiert" und denke "wohl gerade darüber nach".

Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) konterte allerdings prompt: "Der Vorschlag der Freien Wähler ist nicht zielführend und zeugt leider nicht von großer verfassungsrechtlicher Kompetenz", sagte er. "Wir brauchen rasche Zurückweisung an den Grenzen, nicht jahrelange Gerichtsverfahren mit ungewissem Ausgang." Denn die Rechtslage habe sich seit 2016 aufgrund neuer Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dermaßen grundlegend geändert, dass eine Klage am Ende sogar kontraproduktiv wirken würde. "Das ist den FW bei ihrem Schnellschuss vermutlich entgangen", lästerte Herrmann.

"Klage löst das Problem kurzfristig nicht"

"Eine Klage löst das Problem kurzfristig zumindest nicht", sagte auch CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek. "Es geht um eine möglichst schnelle Umsetzung an der Grenze – das ist das Gebot der Stunde. Hier müssen wir politisch dran bleiben." Dies werde jetzt die Nagelprobe, ob der Staat noch handlungsfähig sei. "Der Ball liegt bei der Ampel."

Der offenkundige Dissens über eine mögliche Verfassungsklage ist ein weiterer Punkt in einer langen Liste von Uneinigkeiten, Hakeleien und Rempeleien innerhalb der schwarz-orangen Koalition. Zuletzt hatte Streibl deutliche Kritik am großen Koalitionspartner geübt, "jede Menge Tritte gegen das Schienbein" beklagt und gefordert: "Diese Schmutzeleien müssen aufhören. Es kann nicht sein, dass die CSU, so wie über die Sommerpause, immer wieder versucht, uns Freie Wähler im Allgemeinen und Hubert Aiwanger im Besonderen zu kritisieren und uns lächerlich zu machen." Die Verwendung des Begriffs "Schmutzeleien" durch Streibl war besonders bemerkenswert: Das Wort hatte Seehofer einst benutzt, als er seinem späteren Nachfolger Markus Söder vorwarf, "Schmutzeleien" zu verbreiten.  © Deutsche Presse-Agentur

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