Berlin - 15 Jahre nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche sieht das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) weiteren Aufarbeitungsbedarf.

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Neben Aufklärung und Prävention sei eine zentrale Frage die nach der Entschädigung der Opfer, erklärte ZdK-Vizepräsident Wolfgang Klose in Berlin. Die Bistümer seien aufgefordert, bei zivilrechtlichen Klagen von Betroffenen auf das Argument der Verjährung zu verzichten.

"Wir haben in der Kirche die Zahlung von Geldern zur Anerkennung des Leids. Das ist gut so", sagte Klose. "Aber diese Zahlungen ersetzen nicht die Frage nach Schadenersatz."

Die Opfervertretung "Eckiger Tisch" beklagte zum wiederholten Mal, dass die Kirche in Schmerzensgeldprozessen auf Verjährung poche, statt Verantwortung zu übernehmen. "Auch 15 Jahre nach dem Bekanntwerden des Missbrauchsskandals in Deutschland sind Betroffene nicht ausreichend entschädigt und die Aufarbeitung ist längst nicht zu Ende", so die Initiative.

Missbrauchsskandal in Deutschland wurde 2010 bekannt

Vor 15 Jahren wurden Missbrauchsfälle am Berliner Canisius-Kolleg öffentlich und damit der Skandal um die systematische Vertuschung solcher Fälle in der katholischen Kirche in Deutschland. 2018 legte die Kirche dann die sogenannte MHG-Studie vor, die Tausende Missbrauchsfälle auflistete und 1.670 mögliche Täter und 3.677 Kinder und Jugendliche als Opfer nannte. Experten sind sich einig, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist und die Dunkelziffer deutlich höher sein dürfte.

ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp sagte, trotz des weiter bestehenden Handlungsbedarfs bei der Aufarbeitung sei sie auch dankbar für das, was seither an Aufklärung geschehen sei. "Wir schauen heute tief in die Strukturen des Missbrauchs hinein. Es ist völlig klar, dass sexualisierte Gewalt durch Machtmissbrauch ermöglicht wird. Was geschah und welches Ausmaß es hat, kann niemand mehr leugnen."

ZdK-Präsidentin bittet Opfer um Entschuldigung

Stetter-Karp äußerte sich selbstkritisch zur Rolle des Zentralkomitees als Dachorganisation der 20 Millionen katholischen Laien nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals. Über mehrere Jahre hinweg hätten weite Teile des ZdK das Thema verdrängt und das Ausmaß der Gewalttaten nicht für möglich gehalten.

"Als Präsidentin des ZdK bitte ich die Betroffenen von sexueller Gewalt in der Kirche um Entschuldigung", so Stetter-Karp. Spätestens seit der MHG-Studie fordere das ZdK aber zu konsequenter Aufarbeitung auf und begleite die Prozesse in den deutschen Bistümern kritisch.  © Deutsche Presse-Agentur

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