Hamburg - Eine Vernehmung des früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs vor dem Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft zum Cum-Ex-Skandal ist endgültig vom Tisch.
Ein Antrag der Linken auf Ladung Kahrs' als Zeuge wurde bei der voraussichtlich vorletzten Ausschusssitzung von SPD, CDU und AfD abgelehnt. Die Vertreter der Grünen enthielten sich.
Kahrs macht von Aussageverweigerungsrecht Gebrauch
Zuvor hatte Kahrs' Anwalt erklärt, dass das Aussageverweigerungsrecht seines Mandanten auch nach Einstellung der Ermittlungen gegen ihn im Zusammenhang mit den Cum-Ex-Geschäften der Hamburger Warburg Bank fortbestehe und er nicht vor dem Ausschuss aussagen wolle.
Der Arbeitsstab des Ausschusses hatte diese Rechtsauffassung geteilt. Es seien keine Fragen an Kahrs vorstellbar, die dieses Recht nicht berühren würden, sagte die Vorsitzende.
Linke und Grüne wollten auf Sinneswandel bei Kahrs setzen
Auch die Vertreter von SPD und CDU machten deutlich, dass sie Kahrs gern im Ausschuss befragt hätten. Unter gegebenen Umständen habe eine Ladung jedoch keinen Sinn. Die Grünen hatten zunächst dem Linken-Antrag auf Ladung zustimmen wollen, um einen möglichen Sinneswandel Kahrs' zu erfragen - entschieden sich bei der Abstimmung dann aber für die Enthaltung. Die Staatsanwaltschaft Köln hatte gegen Kahrs wegen des Verdachts der Beihilfe zur schweren Steuerhinterziehung und Begünstigung im Kontext mit den Cum-Ex-Geschäften der Warburg Bank ermittelt. Das Verfahren war jedoch im Dezember mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt worden.
Olearius beantwortet Fragen schriftlich
Unterdessen übermittelte der Warburg-Bank-Gesellschafter Christian Olearius die ihm vom Ausschuss gestellten Fragen schriftlich. Ursprünglich hatte die Linke auch den 82-Jährigen noch vor den Ausschuss laden wollen. Der Strafprozess wegen Steuerhinterziehung gegen den Hamburger Banker war vom Landgericht Bonn im Sommer wegen dessen Verhandlungsunfähigkeit ohne Urteil eingestellt worden, womit sein Aussageverweigerungsrecht entfiel.
Olearius spielt im Untersuchungsausschuss eine Schlüsselrolle. Dreimal war er 2016 und 2017 vom damaligen Hamburger Bürgermeister und heutigen Kanzler
Nach den ersten Treffen hatte die Finanzverwaltung entgegen ursprünglicher Pläne auf die Rückforderungen von 47 Millionen Euro verzichtet – und diese nach Ansicht der an der Entscheidung Beteiligten in die Verjährung laufenlassen. Weitere 43 Millionen Euro wurden 2017 erst auf Weisung des Bundesfinanzministeriums kurz vor Eintritt der Verjährung eingefordert.
Olearius Tagebucheinträge belasteten Kahrs
Die Treffen wurden erst 2020 durch die Veröffentlichung entsprechender Einträgen in den beschlagnahmten Tagebüchern des Bankers bekannt. Dies führte zur Bildung des Untersuchungsausschusses, der eine mögliche politische Einflussnahme auf den Steuerfall "Warburg" prüfen soll. Eindeutige Beweise dafür wurden bis heute nicht gefunden. Die Bank hat zwischenzeitlich alle Forderungen beglichen.
Laut Olearius' Tagebucheinträgen hatte sich Kahrs damals als Haushaltsexperte der SPD-Bundestagsfraktion im Hamburger Rathaus und in Berlin im Sinne der Warburg Bank eingesetzt.
Bei seinem Kontakt zu Kahrs sei es aber nicht um eine Rechtswidrigkeit der Geschäfte der Bank gegangen, heißt es im Antwortschreiben des 82-Jährigen an den Ausschuss, das der dpa vorliegt. "Ich habe auch gegenüber Herrn Kahrs stets zum Ausdruck gebracht, von der Rechtmäßigkeit unseres Handelns überzeugt zu sein." Die Frage, ob er Kahrs Geld gegeben oder ihm sonstige persönliche Vorteile verschafft habe, beantworte Olearius mit "Nein".
Ausschuss auf der Zielgeraden
Wenige Wochen vor dem Ende der Legislatur steht die Arbeit des Untersuchungsausschusses vor dem Abschluss. Die Vertreter der Fraktionen stimmten am Freitag letzten redaktionellen Änderungen am Arbeitsstab-Entwurf zum Abschlussbericht zu.
Er soll jetzt an die Betroffenen - die Warburg Bank und die Rechtsnachfolgerin der ehemals staatseigenen HSH Nordbank, Hamburg Commercial Bank (HCOB) - übermittelt werden. Diese haben dann zwei Wochen Zeit, Stellungnahmen abzugeben, die ebenfalls noch in den Bericht eingehen sollen. Das Plenum soll am 26. Februar über ihn beraten, der letzten Sitzung vor der Bürgerschaftswahl am 2. März. Die politische Bewertung dürfte kontrovers ausfallen.
Schon bei der Einschätzung des Zwischenberichts kamen Regierungsparteien und Opposition zu völlig konträren Bewertungen: Während SPD und Grüne keinen Beleg für eine politische Einflussnahme auf die steuerliche Behandlung der Warburg Bank sahen, werteten CDU, Linke und AfD dagegen Indizien als Beleg, dass Scholz und sein damaliger Finanzsenator und späterer Nachfolger im Rathaus, Peter Tschentscher (SPD), sehr wohl Einfluss nahmen. © Deutsche Presse-Agentur
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.