Sylvia Weber in der Kritik: Gegen Bedenken der Ämter hatte die Frankfurter Bildungsdezernentin Büros mieten wollen. Jetzt gibt es eine Schadenersatzforderung wegen des gescheiterten Vertrags.

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Hat Bildungsdezernentin Sylvia Weber (SPD) den Vermieter der Immobilie an der Hedderichstraße im Unklaren darüber gelassen, dass der von ihr übersandte Mietvertrag mit nur einer Unterschrift nicht gültig ist? Auch über diese Frage hat der Haupt- und Finanzausschuss am Dienstagabend diskutiert. Das Gremium befasst sich als Akteneinsichtsausschuss mit der gescheiterten Absicht Webers, Ende 2022 für ihr Dezernatsbüro Räume in der ehemaligen Stempelfabrik in Sachsenhausen zu mieten, obwohl das Amt für Bau und Immobilien, das Revisions- und das Rechtsamt Bedenken hatten. Weil keine Zustimmung des Magistrats vorlag, kam das Geschäft nicht zustande.

Bei derartigen Verpflichtungen sehe die Gemeindeordnung zwingend die Unterschrift des Oberbürgermeisters vor, oder es müsse eine entsprechende Vollmacht vorliegen, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Nils Kößler. "Für den Vermieter war das nicht transparent, die Dezernentin hat ein täuschendes Bild aufgebaut." Weber widersprach diesem Vorwurf. "Das ist an den Haaren herbeigezogen." Aus der Korrespondenz mit dem Vermieter gehe eindeutig hervor, dass immer wieder die noch ausstehende Zustimmung des Magistrats zur Sprache gekommen sei. "Darüber habe ich den Vermieter nie im Unklaren gelassen."

"Der Vermieter hat wie ich auf den Beschluss vertraut"

Seit Juli liegt ein Forderungsschreiben des Vermieters über 762.000 Euro vor. Nach Worten Kößlers schlüsselt sich die Summe auf in 305.000 Euro für Umbauten, 382.000 Euro entgangene Miete und 74.900 Euro Maklerprovision. Weber sagte, im März habe das Rechtsamt die Aussichten für die Stadt in einem Rechtsstreit als gut bezeichnet. Da habe die Forderung aber noch nicht vorgelegen.

Warum ein Eigentümer ohne gültigen Mietvertrag mit Umbauten für mehrere Hunderttausend Euro in Vorleistung gehe, fragte Mathias Pfeiffer (BFF). Ihm sei offenbar an der Stadt als Mieterin gelegen gewesen, die in dem Komplex schon Räume für das Deutsche Architekturmuseum gemietet habe, antwortete die Dezernentin. Er habe sogar einen anderen Interessenten hingehalten. "Ich habe schon Druck gemacht und aufs Tempo gedrückt", ergänzte sie. "Der Vermieter hat wie ich auf den Magistratsbeschluss vertraut."

Der Magistrat hat die Vorlage jedoch nie auf die Tagesordnung genommen. "Das konnte er auch nicht, weil sie nicht mangelfrei war", sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende. Sein Fraktionskollege Thomas Dürbeck kritisierte die Miethöhe. Dabei gehe es nicht nur um den Quadratmeterpreis von 17 Euro. Nach einem Vermerk der Kämmerei liege die vorgesehene Fläche um 40 Prozent über den Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung. "Dann kommt man auf einen Preis von 28 Euro", sagte Dürbeck. "Wer von Ihnen hat ein Büro von acht Quadratmetern?", entgegnete Weber und führte außerdem die größeren Verkehrsflächen von Bestandsbauten ins Feld.

Durch Kollegen unter Druck geraten

Mehrfach wies sie darauf hin, dass das Dezernat von Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg (Die Grünen) darauf gedrungen habe, die bisherigen Büros im Stadtraum an der Mainzer Landstraße frei zu machen, weil dort ukrainische Flüchtlinge beraten werden sollten. Als die Ausschussvorsitzende Sara Steinhardt (CDU) Lücken in den Akten monierte und auch diese Aufforderungen nachgeliefert haben wollte, musste Weber passen. "Ich habe mich so darüber geärgert, dass ich sie in den Papierkorb geworfen habe."

Sylvia Kunze (SPD) erwartet von weiteren Akten keinen Erkenntnisgewinn. Sie könne nicht erkennen, dass die Dezernentin falsche Tatsachen vorgespiegelt habe. Auch Michael Müller (Die Linke) mochte Weber keine Täuschung vorwerfen. "Aber der ganze Magistrat hat ein fragwürdiges Bild abgegeben", sagte er. "Der Schaden ist eingetreten, weil der Magistrat nicht über den Mietvertrag entscheiden wollte."

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Auch Jutta Ditfurth (Ökolinx) sagte, Weber habe vermutlich Fehler gemacht unter dem Druck ihrer Magistratskollegen. Der Antrag der CDU mit einem Fazit der Akteneinsicht wurde auf die nächste Sitzung verschoben.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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