US-Wahl in Frankfurt: Auf der "Election Watch Party" in einem Frankfurter Hotel sind die Sympathien klar verteilt. Doch als das Ergebnis der US-Wahl feststeht, sind die Gäste schon wieder zu Hause.
Um kurz vor vier ist Pat Klipp noch voller Hoffnung. "Es ist nicht vorbei, bis es vorbei ist", sagt die Afroamerikanerin mit der voluminösen Haarpracht und den langen roten Fingernägeln. Auf den großen Bildschirmen in der "Champions"-Bar im Frankfurter Marriott Hotel laufen wieder und wieder die "Key State Projections" des Senders CNN, die Prognosen zu den Swing States, jenen Bundesstaaten, in denen sich voraussichtlich entscheidet, wer die Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten gewinnt. Klipp, die seit fast vierzig Jahren in Deutschland lebt, mit einem Deutschen verheiratet ist und als professionelle Sängerin arbeitet, glaubt an einen Sieg von Kamala Harris. Schließlich habe die Demokratin eine deutliche Mehrheit der amerikanischen Frauen hinter sich, und außerdem seien auch viele Republikaner inzwischen gegen Donald Trump.
So wie Ralph Freund. Und der ist zu diesem Zeitpunkt ebenfalls noch zuversichtlich. "Wenn
Begonnen hat die lange Wahlnacht in der "Champions"-Bar um kurz nach elf. Gut hundert Gäste sind gekommen, gegen Mitternacht drängen sie sich an der Bar und machen sich an Tischen über Hamburger, Chicken Wings und Caesar Salad her – und Thomas Leiser hat bereits drei oder vier Interviews gegeben. Der Präsident des American-German Business Club hat die Wahlparty im Marriott Hotel zusammen mit der Steuben-Schurz-Gesellschaft und der Europa-Union organisiert und steht jetzt Radio-Reportern und Fernsehteams Rede und Antwort. Wie Ralph Freund ist auch Leiser eigentlich Republikaner und hat 2016 für Trump gestimmt. "Aber der Mann war als Präsident unwürdig und eine einzige Katastrophe." Und darum hofft auch der Chemiemanager, der seit Jahrzehnten in Deutschland lebt, diesmal auf einen Sieg der Demokraten. Im Gegensatz zu vielen anderen in der Bar ist er allerdings von Anfang an skeptisch und verfolgt die Entwicklung auf den Bildschirmen mit wachsender Sorge.
Während auf CNN Reporterlegende John King die Prognosen einordnet und eine "Electoral Map" nach der anderen erläutert, trifft gegen halb eins auch Brian Heath ein. Der neue amerikanische Generalkonsul in Frankfurt kommt direkt von einer Wahlparty in Stuttgart – und hüllt sich ganz diplomatisch in Schweigen. Er freue sich über das große Interesse an der Wahl in seiner Heimat, sagt er und schüttelt dann ein paar weitere Hände.
"Wir haben starke demokratische Institutionen"
Eher zufällig sind James und Rob zu den Partygästen gestoßen. Die beiden Amerikaner, die ihre vollen Namen lieber nicht preisgeben wollen, arbeiten "für die Regierung" und sind nach einer Konferenz ins Hotel gekommen. Sie sind enge Freunde, wie sie sagen – stehen bei dieser Wahl aber auf unterschiedlichen Seiten: James hat für Trump gestimmt und wünscht sich einen schlankeren Staat, Rob hat Harris gewählt und nennt Trump wegen des Sturms auf das Capitol "unwählbar". Einig sind sich die beiden allerdings darin, dass die Wahl fair und regelkonform ablaufen wird. "Wir haben starke demokratische Institutionen", sagt Rob. "Und Amerika ist längst nicht so gespalten, wie ihr hier in Europa denkt", fügt James hinzu.
Charlie Austin sieht das anders. Der Siebzigjährige, der seit 30 Jahren in Deutschland lebt, ist in einem lilafarbenen T-Shirt mit der Aufschrift "Democrats Abroad" gekommen. Er findet die Vorstellung einer zweiten Trump-Präsidentschaft beängstigend. "Wir wissen, was für ein Mann er ist – und ich kann nicht begreifen, warum so viele Leute ihm ihre Stimme geben."
Als die Ergebnisse schließlich nach und nach über die Bildschirme flimmern, leeren sich nach und nach die Tische in der "Champions"-Bar. Und während die verbliebenen Gäste noch über mögliche Konstellationen in den Swing States diskutieren, stimmt Pat Klipp ein Lied an: "What a difference a day makes" von Dinah Washington. Als Donald Trump um kurz vor halb neun deutscher Zeit in Florida vor jubelnden Anhängern seine Siegesrede hält, ist sie wie alle anderen Besucher der Frankfurter Wahlparty längst zu Hause. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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