Frankfurter Stadtplanung: Die Frankfurter Musikhochschule wartet seit Jahren auf einen Neubau auf dem geplanten Kulturcampus. Jetzt wurde zumindest eine Bauvoranfrage gestellt.
Petra Roth möchte die Sache noch einmal selbst in die Hand nehmen. Die frühere Frankfurter Oberbürgermeisterin hat Planungsdezernent Marcus Gwechenberger (SPD) eingeladen, sie zu einem Gespräch mit dem hessischen Wissenschaftsminister Timon Gremmels (SPD) zu begleiten. Es soll um den Kulturcampus auf dem ehemaligen Universitätsgelände im Frankfurter Stadtteil Bockenheim gehen – ein Projekt, das Roth gegen Ende ihrer Amtszeit auf den Weg gebracht hat und das sie heute als gefährdet betrachtet.
Mehr als 14 Jahre alt ist mittlerweile die Idee, rund um die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst ein Zentrum der künstlerischen Avantgarde zu schaffen. Viel ist davon nicht übrig geblieben. Anstelle eines großen städtebaulichen Entwurfs und kultureller Einrichtungen mit überregionaler Strahlkraft ist eine Politik der kleinen Schritte und der Zwischennutzungen getreten. Der Kulturcampus solle "schon jetzt erfahrbar" gemacht werden, sagte Gwechenberger kürzlich beim Metropolengespräch des Urban Future Forums und der Industrie- und Handelskammer. Die einzelnen Bausteine müssten "nacheinander entwickelt" werden. Das "Zentrum der Künste", in dem ursprünglich einmal mehrere Einrichtungen wie Ensemble Modern oder die Dresden Frankfurt Dance Company zusammenarbeiten wollten, kommt in seiner Präsentation nicht vor.
Nur einen Neubau für die Experimentierbühne "Frankfurt Lab" soll es geben. Dafür ist das Grundstück vorgesehen, auf dem sich heute die ehemalige Kunstbibliothek befindet. Diese war vor wenigen Wochen kurzzeitig besetzt und soll jetzt für experimentelle Veranstaltungen des Projekts "Vision 31" genutzt werden, gefördert mit EU-Mitteln.
Für Gwechenberger zeigen diese Aktivitäten, dass der Kulturcampus "keine abstrakte Idee der Zukunft" bleibe. Für die Musikhochschule sieht es dennoch genau danach aus. Obwohl ihr heutiges Stammhaus an der Eschersheimer Landstraße baufällig ist und das Land längst das Budget für einen Neubau bereitgestellt hat, fehlte die konkrete Perspektive für einen neuen Standort. Stadt und Land wurden sich bisher über das Baugrundstück nicht einig. Der geltende Bebauungsplan enthält einige Restriktionen, und das Ansinnen der Stadt, das ehemalige Juridicum der Goethe-Universität nicht abzureißen, machte die Angelegenheit noch komplizierter. Für die Hochschule blieb nur noch eine Restfläche übrig. Die Suche nach anderen Standorten läuft, selbst eine Abwanderung nach Offenbach ist nicht ausgeschlossen.
Hochschule wird aufgeteilt
Doch jetzt ist das Neubauprojekt zumindest einen kleinen Schritt vorangekommen. Das Land habe eine Bauvoranfrage für den Neubau der Hochschule gestellt, sagte Gwechenberger kürzlich im Stadtparlament. Ein konkretes Bauprojekt ist mit dieser Anfrage allerdings nicht verbunden. Vielmehr geht es dem Land offenbar um eine verbindliche Auskunft der Stadt, welche Baumasse neben dem Juridicum genehmigt werden würde.
Schon jetzt zeichnet sich ab, dass nicht alle Räume südlich der Bockenheimer Landstraße unterzubringen wären. Gwechenberger hat deshalb im vergangenen Jahr vorgeschlagen, die Hochschule auf zwei Gebäude zu verteilen, und als zusätzlichen Standort ein Grundstück neben dem Bockenheimer Depot genannt. Jetzt ist sogar eine Dreiteilung im Gespräch. Die Hochschule könnte zusätzlich das Gebäude der ehemaligen Dondorf-Druckerei nutzen, das nicht abgerissen werden soll, nachdem das Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik vor einem Jahr bekundet hatte, nicht mehr an der landeseigenen Immobilie interessiert zu sein. Für die Hochschule wäre dieses Konzept ein schmerzhafter Kompromiss, wünscht sie sich doch für einen reibungslosen Lehrbetrieb ein kompaktes Gebäude mit kurzen Wegen.
Derzeit wird das Dondorf-Gebäude so weit renoviert, dass es von Frühjahr an als Interimsquartier für die Kunsthalle Schirn genutzt werden kann, deren Stammhaus am Römerberg zwei Jahre lang grundlegend saniert werden muss. Auch Stadtteilinitiativen sollen dort Räume bekommen. Wie das Gebäude dauerhaft genutzt werden soll, ist bisher offen. Denkmalrechtliche Hindernisse für einen Umbau gibt es bisher nicht, das Landesamt für Denkmalpflege hat das Gebäude nicht für schutzwürdig erachtet. Das könnte sich ändern. Der Frankfurter Magistrat wolle mit dem Land "Fragen des Denkmalschutzes erörtern", heißt es in einem Bericht an das Stadtparlament.
Die "Initiative Dondorf-Druckerei", die sich seit zwei Jahren für einen Erhalt des Gebäudes einsetzt, rechnet damit, dass die Relikte des einstigen Weltunternehmens, zu denen auch ein Schornstein gehört, im zweiten Anlauf unter Schutz gestellt werden. Wenn es um die dauerhafte Nutzung geht, denkt die Initiative allerdings nicht an die Musikhochschule, sondern an ein Museum für die Industrie- und Sozialgeschichte Bockenheims. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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