Wiesbaden - Im Kampf gegen spekulativen Leerstand von Immobilien will Hessen den Kommunen neue rechtliche Möglichkeiten geben - verbunden mit Bußgelddrohungen von bis zu einer halben Million Euro.

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Es geht um Immobilien, die Eigentümer trotz Nachfrage bewusst leer stehen lassen, da sie zum Beispiel auf steigende Kaufpreise spekulieren.

Das entsprechende Landesgesetz soll nach der Anhörung von Fachverbänden im Laufe dieses Jahres in Kraft treten, kündigte Wohnungsbauminister Kaweh Mansoori (SPD) in Wiesbaden an. Es geht um Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt - sie sollen für dessen Entlastung ein weiteres Instrument neben Neubau und Nachverdichtung bekommen.

2022 standen der Volkszählung Zensus zufolge 3,9 Prozent der hessischen Wohnungen leer, wie das Wohnungsbauministerium mitteilte. "Das entspricht insgesamt über 122.000 Wohnungen und davon über die Hälfte seit mehr als einem Jahr", hieß es weiter.

Mehr rechtliche Möglichkeiten für Städte

Wiesbadens Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende (SPD) sagte, noch fehle hessischen Städten eine Rechtsgrundlage, um mehr leerstehenden Wohnraum zum Beispiel zu vermieten. Künftig sollen Kommunen daher Leerstandsatzungen erlassen können.

Der Leerstand von Immobilien soll darin auf maximal sechs Monate begrenzt werden. Ausnahmen soll es laut dem Wohnungsbauministerium bei "schutzwürdigen privaten Interessen" geben - etwa bei laufenden Sanierungen, beantragten Umbauten, nachgewiesenen Erbauseinandersetzungen oder einem "besonderen räumlichen Näheverhältnis" wie einer Einliegerwohnung in einem Einfamilienhaus. Leerstände von mehr als einem halben Jahr sollen künftig eine Genehmigung benötigen und stichprobenartige Überprüfungen möglich sein.

"Keine eierlegende Wollmilchsau"

Minister Mansoori betonte: "Grundlosen Leerstand wollen wir nicht mehr hinnehmen und Spekulation mit Wohnraum wollen wir weiter eindämmen." Er wolle dafür sorgen, "dass sich die Menschen von ihrem Einkommen ein bezahlbares Zuhause und ein gutes Leben leisten können". Das neue Gesetz sei "keine eierlegende Wollmilchsau", sondern ein Baustein von mehreren für eine Wohnungspolitik aus einem Guss.

Zu den Zusatzkosten für Kommunen bei der Umsetzung des geplanten Gesetzes sagte Vize-Ministerpräsident Mansoori mit Blick auf die möglichen Geldbußen: "Das hebt sich ein Stück weit auch gegenseitig auf."

Reaktionen

  • Die AfD-Opposition im Landtag erklärte, die wirklichen Gründe für Wohnungsnot seien "die künstliche Verteuerung von Neubau und Ausbau durch ideologisch bedingte Klimaschutzbauvorschriften, Bürokratie und eine überregulierte Bauordnung". Diese Hindernisse müssten abgebaut werden.
  • Die oppositionellen Grünen bezeichneten das Gesetz als wachsweich. Die Kommunen sollten zudem die Möglichkeit erhalten, "gegen die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu spekulativen Zwecken vorzugehen". Dieses ursprüngliche Vorhaben der SPD-Fraktion streiche Mansoori nun. Hessens SPD ist seit einem Jahr Juniorpartner der CDU in der Landesregierung.
  • Die FDP-Opposition sprach von einem ungerechtfertigten Eingriff ins Eigentum. Zudem sei das Gesetz "angesichts niedriger Leerstandsquoten auch noch ein zahnloser Tiger". Es sei übergriffig, "wenn der Staat Menschen vorschreiben will, was sie mit ihren Wohnungen zu machen haben". Nötig sei vielmehr der Abbau von Bürokratie beim Neubau.
  • Der Eigentümerverband Haus & Grund Hessen bezeichnete den Gesetzentwurf als "nutzlose Symbolpolitik und Verschwendung von Steuergeldern". Mit einer Leerstandsquote von 3,9 Prozent der Wohnungen liege das Land unter dem Bundesdurchschnitt von 4,3 Prozent.
  • Die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) kritisierte: "Gerade private Kleinvermieter mit wenigen Wohnungen berichten seit Jahren von sinkenden Investitionsabsichten, weil sich die Regulierung auf dem Wohnungsmarkt immer weiter verschärft." Das neue Gesetz werde diesen Trend noch beflügeln.
  • Der DGB nannte dieses dagegen einen "wichtigen Beitrag zur Bekämpfung spekulativen Leerstands, es sollte jedoch flächendeckend gelten". Die Dachorganisation von Gewerkschaften forderte zudem, "die öffentlichen Investitionen in den sozialen Wohnungsbau deutlich und schnell zu steigern".
  • Der Deutsche Mieterbund im Bundesland erläuterte: "In Hessen fehlen derzeit und auch noch in den nächsten Jahren Hunderttausende von Wohnungen. Davon allein mindestens 80.000 Sozialwohnungen." Das neue Gesetz sei nur ein kleiner Schritt, aber er gehe in die richtige Richtung.
Baustelle für Mehrfamilienhaus
Manche Kritiker des hessischen Leerstandgesetzes verlangen den Abbau bürokratischer Hürden beim Neubau von Wohnraum. (Symbolbild) © dpa / Jens Büttner/dpa
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  © Deutsche Presse-Agentur

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