Autokennzeichen: Die hessische Gemeinde Taunusstein möchte ihr Selbstbewusstsein mit einem eigenen Autokennzeichen in die Welt tragen.

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Sie ist damit Teil einer bundesweiten Initiative. Denn das KfZ-Kennzeichen dient auch dem Lokalpatriotismus

Die mit rund 30.000 Einwohnern größte Stadt im hessischen Rheingau-Taunus-Kreis möchte schon von weitem erkannt werden - und deshalb ihr Selbstbewusstsein und ihre Eigenständigkeit mit einem eigenen Autokennzeichen in die Welt tragen. Die Stadt hat sich einer überregionalen Initiative angeschlossen, die es Kommunen mit mehr als 20.000 Einwohnern ermöglichen will, ein individuelles Kennzeichen zu beantragen.

Im Rheingau-Taunus-Kreis könnte diesen Vorteil auch die Stadt Idstein nutzen. Taunussteins Bürgermeister Joachim Reimann (CDU) stellt sich "ausdrücklich" hinter die Idee: "Taunusstein besteht aus zehn Stadtteilen, die durch ihre Geschichte und ihre Besonderheiten geprägt sind. Das möchten wir nach außen zeigen dürfen."

Bisher müssen sich die Autobesitzer in der Kommune zwischen dem seit der Kreisgründung 1977 gängigen RÜD (für die ehemalige Kreisstadt Rüdesheim) und dem vor einigen Jahren zugelassenen SWA (für die aktuelle Kreisstadt Bad Schwalbach) entscheiden. "Wir sind weder das eine noch das andere", sagt Reimann. Ein eigenes Kennzeichen würde die Verbindung zwischen den Stadtteilen bekräftigen und zeigen: "Wir alle sind Taunusstein."

Bürger haben die Wahl

Die Initiative, den schon mehr als 800 in Deutschland verbreiteten Ortskürzeln auf den Nummernschildern noch etliche hinzuzufügen, geht von Ralf Bochert von der Hochschule Heilbronn aus. Sie will die Sichtbarkeit und Identität von Mittelstädten stärken. Davon könnten in Deutschland mehr als 320 Städte mit rund 10,5 Millionen Einwohnern profitieren.

Taunussteins Bürgermeister sieht in einer Öffnung der Regelung Identifikationspotential, zusätzliche Kosten erwartet Reimann nicht. Die Wahl des jeweiligen Kennzeichens bleibe den Bürgern zudem freigestellt. In der Diskussion sind Varianten wie TAU oder TST, doch hält Reimann die konkrete Buchstabenkombination auch für ein Thema einer möglichen Bürgerbeteiligung, sofern eine Änderung auf Bundesebene absehbar sei.

Große Vielfalt im Main-Kinzig-Kreis

Wer bei Autokennzeichen Wert auf eine möglichst individuelle Zuordnung legt, der wird im Main-Kinzig-Kreis bestens bedient. Denn mit gleich vier Varianten sind die Wagen zwischen Frankfurt und der Rhön unterwegs: MKK, HU, GN und SLÜ – die große Auswahl ist eine späte Folge der Gebietsreform vor gut 50 Jahren.

Als in den Siebzigerjahren die zuvor eigenständigen Kreise Hanau, Gelnhausen und Schlüchtern zusammen mit dem bis dahin kreisfreien Hanau zum Main-Kinzig-Kreis wurden, verschwanden zunächst die lokalen Kennzeichen der beiden östlicheren Altkreise. Zunächst firmierten also die Wagen aller Kreisbewohner unter dem HU-Kürzel, das für die weitaus größte Stadt des Kreises Hanau und des ehemaligen, gleichnamigen Altkreises steht.

Integrierend wirkte diese Entscheidung nicht, vielmehr war sie Wasser auf die Mühlen der Skeptiker, die mit der Fusion ohnehin eine Art Hanauer Landnahme im Kinzigtal sahen.

Die Hanauer durften ihr Kennzeichen behalten

Ganz überwunden scheint die Skepsis einiger Kreis-Bewohner bis heute nicht. Das zeigt sich nicht nur in der steten Diskussion über ein Zusammengehen der immer noch getrennten drei Sparkassen, sondern auch in der Popularität der inzwischen wiedereingeführten Kennungen GN und SLÜ.

Schon davor wurde der erste Schritt weg von der Dominanz gegen das Hanauer Kürzel getan: 2005 erfand der Kreis das Dreibuchstabenkennzeichen MKK. Damit ist er nun Teil eines Klubs mit M: MTK (Main-Taunus), MYK (Mayen-Koblenz) und MSP (Main-Spessart). Das MKK am Auto solle auch die Identität des Kreises "selbstbewusst zeigen", hieß es damals im Kreistag.

Den Hanauern ließ man aber bis heute das HU als Alternative – auch weil viele Fahrzeughalter große Freude an Kennzeichen wie HU-ND, HU-GO oder HU-ST haben. Einige fast ausschließlich männliche Witzbolde wählten auch RE als zweiten Teil des Kennzeichens.

Mittlerweile erfreuen sich die seit 2012 erlaubten Altkreis-Kennungen nach Angaben der Verwaltung des Main-Kinzig-Kreises großer Beliebtheit. Ein Blick in die Zulassungsstatistik zeigt, dass 72.554 Autos mit dem Kennzeichen GN unterwegs sind, 49.192 Wagen tragen HU, 15.213 SLÜ für Schlüchtern. Der Löwenanteil entfällt auf MKK mit 145.458 Fahrzeugen, teilt die Kreisverwaltung mit. Allerdings seien in dieser Statistik keine Fahrzeuge aus Hanau erfasst, geschätzt etwa 50.000 Autos.

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In der gesamten Republik wurden laut dem Verkehrsclub ADAC mehr als 300 schon abgeschaffte Ortskennzeichen wieder eingeführt. In Hessen wurden neben dem jeweiligen Hauptkennzeichen eine ganze Reihe von Nebenkennzeichen zugelassen: BID für Biedenkopf, das neben MR im Landkreis Marburg-Biedenkopf verwendet wird, BÜD für Büdingen im Wetteraukreis neben FB, DI im Landkreis Darmstadt-Dieburg neben DA, HOG für Hofgeismar und WOH für Wolfshagen im Landkreis Kassel neben KS, USI für Usingen im Hochtaunuskreis neben HG und WEL für Weilburg im Landkreis Limburg-Weilburg neben LM.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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