SPD Hessen: Sören Bartol, der Vorsitzende der hessischen Sozialdemokraten, steht an der Spitze der Kandidatenliste für die Bundestagswahl. Bundesinnenministerin Nancy Faeser muss sich mit dem vierten Rang begnügen

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Die Antwort fiel kurz aber bestimmt aus: "Weil ich der Landesvorsitzende bin", sagte der SPD-Politiker Sören Bartol auf die Frage einer Journalistin, warum er und nicht die bekannte Bundesinnenministerin Nancy Faeser die hessischen Sozialdemokraten in den Bundestagswahlkampf führen soll. In seiner offiziellen Rede führte der fünfzigjährige Politologe vor allem seine Erfahrung an. Seit 22 Jahren vertritt er Marburg als direkt gewählter Abgeordneter im Bundestag.

"Ich weiß, wie der Hase läuft, ich kenne die Fallstricke der Politik, die Konkurrenz und die Wege, auf denen man Kompromisse zustande bringt", sagte Bartol. Von den rund knapp 340 Delegierten, die am Samstag in Gießen die hessische Kandidatenliste beschlossen, wollten den Vorsitzenden 87,2 Prozent an der Spitze der Kampagne sehen. In Berlin übt Bartol das Amt des Parlamentarischen Staatssekretärs aus – seit 2021 im Wohnungsbauministerium, seit dem Bruch der Ampelkoalition außerdem im Ressort Digitales und Verkehr. Nach dem schwachen Ergebnis der SPD bei der Landtagswahl übernahm Bartol Anfang des Jahres von der gescheiterten Spitzenkandidatin Faeser das Amt an der Spitze des Landesverbandes.

Dagmar Schmidt auf Platz zwei, Armand Zorn auf drei

Faeser blieb Bundesinnenministerin. Dafür dass sie in dieser Eigenschaft wegen des Anschlags in Magdeburg am Samstag nicht in Gießen sein konnte, hatten die Parteifreunde jedes Verständnis. Dass Faeser auch den zweiten Listenplatz nicht bekam, entspreche der "Logik unserer Partei", erklärten Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori, der Vorsitzende des SPD-Bezirksverbandes Südhessen und sein Pendant aus dem Norden, der hessische Wissenschaftsminister Timon Gremmels.

Für den zweiten Rang war Dagmar Schmidt gesetzt. Die einundfünfzigjährige Historikerin gehört dem Bundestag seit mehr als zehn Jahren an. Seit 2021 ist sie als eine von acht stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden vor allem für soziale Themen verantwortlich. Schmidt, die den Lahn-Dill-Kreis vertritt, bekam am Samstag 90,1 Prozent der Stimmen.

Auf dem dritten Rang kandidiert Armand Zorn. Der aus Kamerun stammende Sechsunddreißigjährige hat seinen Frankfurter Wahlkreis direkt gewonnen. In Städten wie Paris und Bologna studierte er Politische Wissenschaften. Bei Pricewaterhouse Coopers arbeitete er als Unternehmensberater. Im Bundestag kümmert er sich vor allem um Finanzpolitik. Mansoori würdigte seinen Lebenslauf mit den Worten: "Wenn du in dieser Republik etwas leistest, kannst Du auch etwas erreichen – nicht nur für dich selbst, sondern auch für andere." 91,9 Prozent der Delegierten gaben Zorn ihre Stimme.

"Olaf hat unser Land klar besonnen und sicher geführt"

Für Faeser war gemäß den parteiinternen Regeln der vierte Platz der Kandidatenliste ausgehandelt worden. Sie bekam dafür die Unterstützung von 79 Prozent der Delegierten. Die Vierundfünfzigjährige aus Bad Soden am Taunus tritt als Kandidatin im Main-Taunus-Kreis an, hat aber dort kaum Chancen sich direkt durchzusetzen. Hingegen dürfte der vierte Listenplatz für den Einzug ins Parlament reichen.

Den fünften Rang sicherte sich in einer Kampfabstimmung der Gießener Felix Döring. Er hatte bei der Wahl im Jahr 2021 dem damaligen Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) das Direktmandat abgenommen. Bartol, Gremmels und Mansoori erinnerten unisono daran, dass die SPD auch vor der Bundestagswahl 2021 angesichts der Umfragen als chancenlos gegolten habe. Trotzdem stelle man heute den Bundeskanzler. "Olaf hat unser Land klar besonnen und sicher geführt", meinte Bartol.

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Mansoori prognostizierte, dass Scholz schon bald als der Kanzler gelten werden, "der verhindert hat, dass Deutschland in einen Krieg gegen die Ukraine gezogen wird". Die Kritik an dem Herausforderer Friedrich Merz hielt sich sogar in den Reden der Jusos in Grenzen. Vorgehalten wurde ihm vor allem, noch nie an der Spitze eines Gemeinwesens gestanden zu haben.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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