Für die Kaller CDU beginnt die Suche nach einem Kandidaten für die Bürgermeisterwahl im September von vorne: Michael Kehren hat am Freitag bestätigt, dass er für das Amt des Verwaltungschefs nicht mehr zur Verfügung steht: "Ich habe gemerkt, dass ich nicht mehr die Kraft habe, diese Aufgabe zu bewältigen", sagte Kehren in einem Telefonat mit der Redaktion. Er hatte im vergangenen November bekanntgegeben, dass er für das Amt kandidieren wolle.

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Seine Entscheidung hatte er den Parteikollegen am Donnerstag mitgeteilt – rund 24 Stunden vor der Aufstellungsversammlung der CDU Kall, die am Freitag stattfinden sollte. Die werde nun zur Diskussion und zur Neuorientierung in der Partei genutzt, sagte die stellvertretende Vorsitzende des CDU-Gemeindeverbands Kall, Ute Stolz: "Wir haben noch keinen neuen Kandidaten, dafür ist die Entscheidung von Michael Kehren zu frisch. Aber wir haben ja auch noch genügend Zeit bis zur Kommunalwahl im September."

Bundespolitik der CDU "hat Fass zum Überlaufen gebracht"

Kehren legt Wert auf die Feststellung, dass seine Entscheidung nicht allein vom Kurs der Bundes-CDU und dem Verhalten von Parteichef Friedrich Merz abhängig gewesen sei, der in der Asyldebatte auf Stimmen der AfD gesetzt hatte.

"Es war nicht der Hauptgrund für meinen Rückzieher, aber es hat das Fass schließlich zum Überlaufen gebracht", sagte Kehren: "Diese Entwicklung hat mich menschlich und seelisch sehr belastet." Das Erstarken der AfD beunruhige ihn sehr. "Das macht mir Angst. Natürlich werden viele sagen, dass man in so einer Situation dagegenhalten muss. Ich bin kein Weichei, aber ich habe gemerkt, dass ich mich nun auf meine Familie und auf meine Gesundheit fokussieren muss", so Kehren: "Das war eine Gewissensentscheidung, eine sehr persönliche Entscheidung."

Kehren: Noch keine Entscheidung über möglichen CDU-Austritt

An mangelnder Unterstützung vor Ort in der Gemeinde Kall habe es nicht gelegen, dass er den Weg nicht weiter gehen wolle. "Wir haben ein tolles Team, das mich immer super unterstützt hat", sagte Kehren. Es habe auch keinerlei persönliche Attacken gegen ihn oder seine Kandidatur gegeben, betonte der Keldenicher: "Aber die Negativität in der Politik allgemein und in der Gesellschaft hat dazu geführt, dass ich mich sehr einsam gefühlt habe."

Ob er weiter Mitglied der CDU bleibe, habe er noch nicht entschieden, sagte Kehren: "Mein Mann ist unmittelbar nach der Abstimmung in Berlin aus der CDU ausgetreten, ich hadere in dieser Frage noch sehr", so Kehren, der seit seinem 14. Lebensjahr politisch aktiv ist, zuerst in der Jungen Union.

Kreis-CDU Euskirchen verzeichnet aktuell sowohl Ein- als auch Austritte

Seit der Diskussion am Mittwoch im Bundestag hat es laut Ingo Pfennings, CDU-Chef im Kreis Euskirchen, drei Austritte aus der Partei geben. Im selben Zeitraum habe es aber auch drei Eintritte gegeben. "Es sind bewegte Zeiten. Immer, wenn politisch heiß diskutiert wird, hat das Auswirkungen", sagt Pfennings. Zudem habe er die Polizei vor möglichen "linksextremistischen Anschlägen auf die Geschäftsstelle" in Euskirchen gewarnt. Aktuell fahre schon etwas häufiger als sonst ein Streifenwagen an den Örtlichkeiten vorbei. "Das macht etwas mit den Mitarbeitern", so Pfennings.

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Die Entwicklung um Michael Kehren sei so kurz vor der Aufstellungsversammlung "ein Hammer". Weil man an Fristen gebunden sei und Einladungen verschickt habe, könne die Veranstaltung so kurzfristig nicht mehr gestoppt werden. "Ja, das tut heute richtig weh. Aber wir stehen das zusammen durch und am Ende werden wir ein gutes Team und wieder einen guten Kandidaten haben", demonstrierte der Kreis-Parteichef plakative Zuversicht.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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