Die deutsch-iranische Menschenrechtsaktivistin Nahid Taghavi ist nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International nach mehr als vier Jahren aus iranischer Haft entlassen worden.
Sie sei am Sonntag nach Deutschland zurückgekehrt, teilte Amnesty am Montag mit. Taghavi habe mehr als 1.500 Tage im Iran in Haft verbracht.
Taghavi ist laut Menschenrechtsorganisation Hawar Help geschwächt, aber weiter kämpferisch. "Es geht ihr den Umständen entsprechend, also nicht gut", sagte die Vorsitzende der Organisation, Düzen Tekkal. "Aber der Kampfgeist, der bleibt. Sie ist eine Kämpferin und sie bleibt eine Kämpferin." Das Gefängnis habe aber psychische und physische Spuren hinterlassen.
Die 71-jährige Architektin sei von Mitarbeitern des Auswärtigen Amtes aus dem Iran heraus begleitet und am Köln-Bonner Flughafen von ihrer Tochter in Empfang genommen worden, schilderte Tekkal.
Taghavis Tochter Mariam Claren erwartete Mutter in Köln-Bonn
Mariam Claren, Tochter von Taghavi, bestätigte die Ankunft ihrer Mutter in Deutschland. Sie sagte nach Angaben von Amnesty: "Meine Mutter ist endlich zu Hause. Worte reichen nicht aus, um unsere Freude zu beschreiben." Gleichzeitig trauere sie um die vier Jahre, "die uns geraubt wurden, und den Schrecken, den sie im Ewin-Gefängnis erleben musste".
In einem Post auf X bedankte sich Claren bei allen, die sich dafür eingesetzt hatten, ihre Mutter zu befreien.
Die Kölnerin Taghavi war im Oktober 2020 in Teheran verhaftet worden und im August 2021 wegen "Mitgliedschaft in einer illegalen Gruppe" und wegen "Propaganda gegen das Regime" zu zehn Jahren und acht Monaten Gefängnis verurteilt worden. Zuletzt durfte sie sich mit elektronischer Fußfessel zu Hause aufhalten.
Menschenrechtler werfen der Islamischen Republik immer wieder vor, Ausländer als Geiseln festzuhalten, um etwa im Ausland verurteilte iranische Funktionäre freizupressen. Teheran bestreitet dies.
Tekkal: Taghavis Freilassung ist "Tag der schmerzhaften Freude"
"Es ist ein Tag der schmerzhaften Freude, denn Nahid Taghavi lässt eine kurdische Freundin zurück im Foltergefängnis von Ewin", sagte Tekkal und verwies auf die Menschenrechtsaktivistin Pachschan Asisi. Ein Revolutionsgericht im Iran hatte nach Vorwürfen des bewaffneten Widerstands gegen das islamische System die Todesstrafe gegen die Sozialarbeiterin verhängt. Über den Fall hatte unter anderem auch Amnesty International berichtet.
Die Freilassung von Taghavi sei "ein Sieg stiller Diplomatie zusammen mit lautem Aktionismus", betonte die Vorsitzende von Hawar Help. "Es lohnt sich, für Menschenrechte einzustehen, auch gegen ein Unrechtsregime wie in der Islamischen Republik." (dpa, afp) © Kölner Stadt-Anzeiger
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.