Studierende erhalten seit dem Wintersemester 2024/2025 mehr Geld. Das hatte die Ampelregierung nach langen Diskussionen beschlossen und sich im Sommer schließlich auf eine Erhöhung der Bafög-Regelsätze um fünf Prozent geeinigt.
Damit steigt der Höchstsatz von 934 auf 992 Euro. In der Theorie klingt das gut und nach einer erheblichen Verbesserung für Studierende. Dennoch zeigt sich: Zum Leben reicht das Geld oftmals nicht.
Inflation, Miete, steigende Semesterbeiträge: Das Leben als Student ist nicht gerade billig. Schon gar nicht in Köln. Gerade der Wohnraum ist in der viertgrößten Stadt Deutschlands teuer. So kostet ein WG-Zimmer in Köln durchschnittlich 600 Euro, wie eine Auswertung des Moses-Mendelssohns-Institut in Zusammenarbeit mit der Vermittlungsplattform wg-gesucht.de zeigt.
Wilsberg: Wohngeldpauschale reiche für eine durchschnittliche Wohnung in Köln nicht aus
"Es ist ultraschwer mit dem Wohnen", sagt etwa Johanna, die als Studentin an der Universität zu Köln Bafög bezieht. Damit ist sie eine von vielen: Etwa 13.000 Studierende erhielten im Jahr 2023 Bafög, wie Klaus Wilsberg vom Studierendenwerk Köln mitteilt. Aktuell lebt Johanna in einem Wohnheim des Studierendenwerks in Deutz und zahlt unter 400 Euro für eine Einzimmerwohnung. Für Kölner Verhältnisse kaum vorstellbar. "Ich weiß, dass ich mit am günstigsten wohne."
Zwar ist in den Bafög-Erhöhungen auch eine Anhebung der Wohngeldpauschale auf 380 Euro vorgesehen. Das ist jedoch lediglich ein Tropfen auf heißem Stein für den angespannten Wohnungsmarkt in deutschen Großstädten. "Für eine durchschnittliche Wohnung in Köln reicht das nicht aus", bestätigt Wilsberg. Und selbst die Mieten der preiswerten Wohnungen in den Studierendenwohnheimen stiegen an, sagt Johanna. Angefangen habe die Miete ihres Einzelapartments bei 300 Euro. Das war 2021. Im Jahr 2024 lag die Miete bei 390 Euro.
Hinzu kommt, dass die Studentin nicht mehr lange in dem Wohnheim leben kann – die Mieten sind lediglich auf drei Jahre ausgelegt, damit Studierende von den vollen Wartelisten nachrücken können. Für Johanna bedeutet das allerdings, nach einer neuen Unterkunft zu suchen. Angesichts der Preise und Angebote zeigt sie sich entmutigt. "Der Wohnungsmarkt ist irre", fasst Johanna die Situation zusammen und erzählt von Kommilitonen, die teilweise von Aachen und weiteren Orten aus nach Köln pendeln müssten, da sie in der Stadt keine günstigen Angebote finden könnten. "Alles bis 600 Euro ist ein Träumchen." Von staatlicher Seite fühlt sich die Studentin im Stich gelassen. "Wohnen darf doch kein Luxusgut sein."
Die 28-jährige Bachelorstudentin bezieht elternabhängiges Bafög, das bedeutet, dass sich die finanzielle Förderung am Einkommen der Eltern orientiert. Das wiederum heißt aber auch, dass auf viele Sachen geachtet werden müsse, so Johanna: Jedes noch so kleine Dokument sei wichtig, alle Belege müssen gesammelt, Fristen genau eingehalten werden. "Du musst dich nackig machen." Ein Kraftakt, findet Johanna und verweist darauf, dass die Anträge oftmals schwer verständlich seien. Ohne helfenden Sachbearbeiter oftmals kein Durchkommen.
Preiserhöhungen für Studierende in verschiedenen Bereichen spürbar
"Da ist auf jeden Fall eine Sprachbarriere da. Und barrierefrei sind die Anträge auf gar keinen Fall", moniert die Studentin. Das schrecke ab. Hinzu komme, dass sich Auszahlungen teilweise verzögerten. "Geld, das ich im Oktober beantragt habe, habe ich erst im Februar bekommen." Das verstärke Unsicherheiten und finanzielle Sorgen zusätzlich.
Und nicht nur das Wohnen sei teurer geworden, auch die Beiträge für die Krankenkasse seien gestiegen, sowie die Preise für die Lebensmittel. "Es summiert sich schon", so die Studentin, die nebenbei auf Minijob-Basis arbeitet. "Damit kann ich die Preise händeln." Ansonsten reiche das Bafög nicht zum Überleben.
Natürlich sei sie dankbar, dass es überhaupt eine solche finanzielle Unterstützung gebe. "In anderen Ländern ist das nicht der Fall." Dennoch wünsche sich Johanna mehr Unterstützung von der Politik – gerade in den Bereichen des Wohnungsmarkts.
Als deutsche Staatsbürgerin hat Johanna Anspruch auf BaföG. Anders sieht das bei Studierenden aus, die aus Ländern außerhalb der EU gekommen sind, um in Deutschland zu studieren und einen gewissen Kontostand vorzeigen müssen. Eine von ihnen ist Jay aus Indien. Die 30-jährige Masterstudentin der TH-Köln wirkt aufgeregt, sobald das Gespräch auf die finanzielle Lage kommt, die sie ziemlich unter Druck setze. Zwar könnten ihre Eltern sie finanziell unterstützen, aber: "Ich bin dreißig Jahre alt", sagt Jay und schüttelt den Kopf. "Das geht nicht. Ich habe mich für diesen Weg entschieden." Also müsse sie auch eine Lösung finden. Allein.
An der Universität zu Köln waren zum Wintersemester 2023/2024 rund 45.000 Studierende eingeschrieben, davon knapp 5000 internationale. "Die internationalen Studierenden sind eine besondere Zielgruppe", so Wilsberg. Die meisten hätten keinen Anspruch auf BaföG, könnten jedoch Wohngeld oder Stipendien beantragen. Letztere sind allerdings oftmals an bestimmte Voraussetzungen gebunden, wie etwa ehrenamtliches Engagement oder individuelle Leistungen.
Internationale Studierende: Tagsüber Seminare, nachts Arbeit
Für viele bleibt daher nur ein Ausweg: Arbeit finden. Was in der Theorie doch recht einfach klingen mag, erweist sich in der Praxis allerdings als schwer. Jay erzählt von verschiedenen Apps, durch die sie Jobs vermittelt bekommen hat. Teilweise seien diese körperlich belastend, wie die Studentin erzählt, die Schichten zudem wenig flexibel. Zeit, um etwa an der Masterarbeit zu schreiben, Seminare zu besuchen oder Deutsch zu lernen, bleibe da kaum noch. Auch Abgaben für die Universität fielen hinten über, wofür die Professoren wiederum kein Verständnis zeigten. "Wenn ich nach Hause komme, bin ich viel zu müde für irgendetwas. Selbst für soziale Kontakte", sagt Jay.
Ähnliches erzählt ein weiterer Student, der im Nachtdienst arbeitet und seinen Namen nicht nennen möchte. Tagsüber Uni, nachts Arbeit, das sei sein Alltag. Und der zerre an den Nerven. Mittlerweile leide er unter Schlafstörungen, auf die Uniarbeiten könne er sich nicht wirklich konzentrieren, musste Prüfungen schieben, habe Rückenschmerzen. Beschweren wolle er sich allerdings nicht. "So ist das eben", sagt er auf Englisch und zuckt mit den Schultern. Dann wird er jedoch nachdenklich, legt die Stirn in Falten. "Ich werde die Situation schaffen", sagt er. "Und daran stärker werden und als Person wachsen." © Kölner Stadt-Anzeiger
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