Oben oder unten? Die Entscheidung über den Ausbau der Ost-West-Achse der Kölner Verkehrs-Betriebe zwischen dem Heumarkt und dem Aachener Weiher wird im Stadtrat frühestens in der nächsten Sitzung im Februar fallen.
Auf Antrag von Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) wurde das Thema von der Tagesordnung genommen.
Das gemeinsame Konzept des Tunnelbündnisses von CDU, SPD und FDP gehe deutlich über die bisherige Planung hinaus. Es sieht nicht nur einen U-Bahntunnel vom Heumarkt bis zum Aachener Weiher vor, sondern auch einen U-Bahntunnel, der unter dem Rhein von Deutz zum Heumarkt führt. Zudem beinhaltet es ein komplettes neues Verkehrskonzept für die KVB. Das Konzept war am Dienstag vom Verkehrsausschuss mit sieben zu sechs Stimmen beschlossen worden.
"Bei der Vorbereitung für die Ratssitzung haben sich ganz erhebliche Zweifel ergeben, ob eine Beratung und Beschlussfassung heute rechtlich möglich ist", sagte Reker. Es liege nahe, dass die von CDU, SPD und FDP "im Verkehrsausschuss beschlossenen Änderungen wesentlich über den Beratungsgegenstand hinausgehen", so Reker. "Es soll ein neues Zielnetz für das KVB-Schienennetz beschlossen werden." Davon sei bisher nie die Rede gewesen. Das gelte auch für den geplanten Tunnel unter der Dürener Straße in Lindenthal. "Das geht deutlich über die bisher vorgestellten Varianten für die Ost-West-Achse hinaus." Das Thema sei nicht "von äußerster Dringlichkeit" und dürfe so kurzfristig deshalb nicht behandelt werden. Die Vertagung habe sie mit der Kommunalaufsicht der Bezirksregierung abgestimmt, sagte Reker. Die Vertagung schlage sie "schweren Herzens vor".
Die Bezirksregierung hatte der Stadt am Donnerstag "nach kursorischer Durchsicht der Unterlagen" mitgeteilt, dass der Änderungsantrag des Tunnelbündnisses "über den gewöhnlichen Umfang einer bloßen Änderung hinausgehe". Sie empfehle daher, den Ratsmitgliedern mehr Zeit zur Vorbereitung eines solchen Beschlusses zu geben. Weil das vom Tunnelbündnis erarbeitete neue KVB-Netz alle Bezirke berühre, "sollten wir die Angelegenheiten auch in alle neun Bezirksvertretungen und anschließend noch einmal in den Verkehrsausschuss verweisen." Als Änderungsantrag sei er dort unzulässig gewesen.
SPD plant eine Bürgerversammlung
"Ich kann die Vertagung nicht nachvollziehen, auch weil ich nicht erkennen kann, dass sich die Grünen noch bewegen werden und wir eine breite Mehrheit organisieren können", sagte Teresa de Bellis, verkehrspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion. "Der Tunnel in jeder Variante ist für sie ein Tabu." Sollten alle Bezirksvertretungen wie nun vorgesehen über das Konzept des Tunnelbündnisses aus CDU, SPD und FDP beraten und beschließen, sei es unwahrscheinlich, dass die Entscheidung über den Ausbau der Ost-West-Achse noch vor der Kommunalwahl im Herbst fallen wird. "Ich kann mir das nicht vorstellen."
Die SPD-Fraktion ist eher optimistisch. "Jetzt haben wir die Chance, noch einmal alle an einen Tisch zu holen und zu schauen, ob es nicht doch noch Schnittmengen gibt", sagte Lukas Lorenz, verkehrspolitischer Sprecher der SPD. Die SPD werde die Zeit nutzen, zum geplanten Ausbau eine Bürgerversammlung zu organisieren. "Wir versuchen jetzt noch einmal, den Menschen zu erklären, worum es uns eigentlich geht." Die Bezirksregierung habe lediglich eine Empfehlung ausgesprochen, das Thema zu vertagen. Es sei keine Rede davon, dass der Änderungsantrag des Tunnelbündnisses unzulässig sei.
"Ich kann nachvollziehen, dass die neuen Vorschläge vielen sehr komplex erscheinen", sagte FDP-Ratsherr Ralph Sterck. "Wir werden die Zeit nutzen, um für weitere Unterstützung für unsere Pläne zu werben."
Tunnelgegner sprechen von einem Etappensieg
Die Vertagung der Entscheidung kommentierte Lino Hammer, Fraktionsgeschäftsführer der Grünen, mit den Worten: "Wahrscheinlich werden wir alle noch mal in uns gehen müssen und prüfen, welche Lösungen machbar sind und welche nicht." Die grüne Fraktionsvorsitzende Christiane Martin sicherte zu, dass die Grünen "weiter für eine breite Mehrheit werben und nochmal auf alle zugehen" werden.
Das Bündnis Verkehrswende "Oben bleiben" sieht die Vertagung als einen Etappensieg. Vor der Sitzung protestierten mehrere hundert Tunnelgegner unter Beteiligung von Andreas Hupke (Grüne), Bezirksbürgermeister für die Innenstadt, vor dem Spanischen Bau. "Die Bezirksregierung hat bestätigt, dass eine Rechtsunsicherheit besteht und man die vorgeschalteten Gremien wie die Bezirksvertretungen nicht missachten sollte", sagte Bündnis-Sprecherin Barbara Kleine. "Es bleibt unser Ziel, jede Art von Tunnellösung vom Tisch zu kriegen. Am besten schon im Februar." © Kölner Stadt-Anzeiger
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