Am Dienstag postete Netcologne noch Nachrichten zum Safer Internet Day und der verantwortungsvollen Nutzung des Internets durch Jugendliche — am Tag danach brauchten sich Kunden des Internetanbieters keine Sorge um ihre Kinder zu machen.
Über viele Stunden funktionierten weder Internet- noch Telefonanschlüsse. Das verursachte große Probleme in Köln und der Region. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Totalausfall.
Was ist über die Ursache des Netcologne-Ausfalls bekannt?
Wenig bis nichts. In vielen Kölner Büros herrscht am Mittwochmorgen Ungewissheit: Sind nur wir betroffen – oder ist das Problem größer? Netcologne meldet nach 9 Uhr schließlich eine Großstörung: "Es kann zu Problemen bei der Nutzung unserer Dienste kommen."
Ein Euphemismus für: Nichts geht mehr. Im Abstand mehrerer Stunden veröffentlicht das kommunale Telekommunikationsunternehmen auf sozialen Medien knappe Updates: Es gebe "weiterhin keine Infos zu Ursache und Dauer der Störung, unsere Techniker arbeiten mit Hochdruck an einer Lösung."
Am frühen Nachmittag spricht Netcologne schließlich von "Störungen im Kernnetz", leider könne weiterhin nicht abgeschätzt werden, wie lange diese andauern werden. Gegen 17.15 Uhr laufen alle Systeme plötzlich wieder. Seit 16 Uhr seien Netcologne-Kunden nach und nach wieder ans Netz gegangen.
Bei der Ursache bleibt das Unternehmen vage, spricht von einem "technischen Fehler im Kernnetz", das gesamte Netz der Netcologne in Köln und der Umgebung sei betroffen gewesen. "Der Fehler konnte neutralisiert werden."
Spekulationen über Hacker-Angriff gegen Netcologne – Ärger über Kommunikation
Die Stunden der Ungewissheit sorgen in Kommentarspalten und in Teeküchen Kölner Büros, in denen nur schlecht gearbeitet werden konnte, für Spekulationen: War es ein Bagger, der eine Leitung gekappt hat? Ist Netcologne Opfer eines Hackerangriffs geworden? Hat ein fehlerhaftes Software-Update zum Ausfall geführt – wie beim weltweiten Crash von Computersystemen im Juli 2024?
Die Kommunikation von Netcologne verärgerte auch die Kunden. So schrieb ein Nutzer bei Facebook: "Ich mache Netcologne keinen Vorwurf für die Ursache, aber für die Weiterleitung von Informationen. Das geht besser." Ein anderer dagegen sagte: "Ist alles etwas komplexer, und wenn Netcologne sagt, dass sie dran arbeiten, dann tun sie das auch."
"Mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und der Bundesnetzagentur standen wir durchgehend in Kontakt", meldet Netcologne gegen 18 Uhr. "Wir gehen davon aus, dass es sich nicht um einen externen Angriff handelt." Weitere Details zur Ursache will das Unternehmen erst am Donnerstag nennen.
Wie viele Menschen waren betroffen?
So genau lässt sich das nicht beziffern. Hunderttausende waren es aber in jedem Fall. Netcologne betreibt 477.000 Festnetz- und Internetanschlüsse – die meisten davon in Köln, weitere in Bonn und Aachen sowie umliegenden Kreisen und Gemeinden. Sie alle waren für Stunden außer Betrieb.
Die Arbeit bei vielen Kölner Unternehmenskunden von Netcologne war empfindlich gestört. Wer im Homeoffice saß, konnte mitunter mehr tun als jene Kolleginnen und Kollegen, die ins Büro gekommen waren. Videokonferenzen mussten verschoben oder über mobile Verbindungen abgehalten werden. Auch in der Redaktion des "Kölner Stadt-Anzeiger" sorgten die Probleme für eine erhebliche Verzögerung der Produktion.
Keine Probleme bei Ford
Auch der Kölner Dom war von dem Ausfall betroffen. Laut Domradio konnten beispielsweise die Anzeigetafeln in Deutschlands meistbesuchter Sehenswürdigkeit nicht mehr aktualisiert werden. Der Internet-Hotspot um den Dom sei ebenfalls ausgefallen. Die digitalen Opferstöcke funktionieren hingegen auch offline.
Nicht alle Kölner Firmen mussten ihren Betrieb einschränken: Beim Kölner Autobauer Ford etwa lief alles reibungslos, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Die Tochter des US-Konzerns arbeitet demnach in der Produktion und Verwaltung auf komplett eigenen Systemen, und deren Knotenpunkte lägen auch nicht in Deutschland, hieß es. Zudem gebe es eine komplett eigene Sicherheitsarchitektur. Damit sei die Firma gänzlich unabhängig. Auch die Kreissparkasse Köln war von dem Ausfall nicht betroffen. "Alle Bank- und Kassensysteme laufen ohne Probleme", sagte ein Sprecher.
Notruf, KVB, Flughafen: Wie machte sich die Netcologne-Großstörung bemerkbar?
Bei der Stadt Köln funktionierten Online-Bürgerservices wie etwa die Terminvereinbarung, Kfz-Anmeldung und das Kitaplatz-Vergabeportal nicht.
Der Netzausfall hatte aber auch potenziell gefährliche Folgen, etwa für die Erreichbarkeit der Notruf-Zentralen: Wie die Feuerwehr mitteilte, waren die Notrufe 112 und 110 im Kölner Stadtgebiet über das Netz von Netcologne nicht erreichbar. Betroffene sollten das Netz anderer Anbieter nutzen oder eine Notruf-App.
Auch im Kreis Düren war der Notruf nach Angaben der Kreisverwaltung nicht erreichbar, wenn man über das Netz von Netcologne oder Netaachen anzurufen versuchte. Der Flughafen Köln/Bonn war ebenfalls betroffen, da das Unternehmen Kunde von Netcologne ist. Das IT-System sei aber so abgesichert, dass man trotzdem arbeiten könne, sagte ein Airport-Sprecher. Der Flugbetrieb sei nicht beeinträchtigt gewesen.
Gleiches galt für den Bus- und Stadtbahnbetrieb der KVB. Allerdings funktionierten die digitalen Anzeigetafeln an den Haltestellen in weiten Teilen nicht, sagte KVB-Sprecher Matthias Pesch.
Die städtischen Krankenhäuser in Holweide und Merheim und das Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße waren nur teilweise von der Großstörung betroffen. Die Versorgung der Patientinnen und Patienten sei sichergestellt gewesen, sagte Kliniken-Sprecherin Sigrid Krebs. Einzelne geplante Operationen wurden verschoben.
Geschäfte, die am Netcologne-Netz hängen, konnten über Stunden nur Barzahlungen entgegennehmen. Manchem Laden in der Innenstadt entgingen dadurch Umsätze. Das galt auch für Mensen und Bistros des Kölner Studierendenwerks, in denen Kartenzahlungen nicht möglich waren.
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Was sagen Sicherheitsexperten zu dem Vorfall bei Netcologne?
Da über die Ursache so gut wie nichts bekannt ist, reagierten Expertinnen und Experten auf Anfragen zurückhaltend und wollten sich nicht äußern. Holger Behrens, Vorsitzender des Bundesverbands für den Schutz Kritischer Infrastrukturen, sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger", auch er kenne die Ursache und ihre Schwere nicht, aber: "Rund acht Stunden sind schon sehr, sehr lange. Da habe ich Bauchschmerzen. Da sollten schon Strukturen vorhanden sein, dass das schneller wieder läuft." (mit kna) © Kölner Stadt-Anzeiger
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