Eine Schonfrist hatte Jan Klinkenberg nicht, als ihn Stefan Raab im Jahr 2018 anrief. Er habe da eine Fernsehsendung, ob sich Klinkenberg nicht vorstellen könne, die Musik zu arrangieren.

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Einfach so. "Ich habe nicht damit gerechnet, es war wirklich überraschend", sagt Klinkenberg in einem Café am Eigelstein. Mit einer vierköpfigen Band startete er also bald in der Sendung "1:30" mit Moderator Tedros Teclebrhan auf Pro-Sieben. Klinkenbergs erste Gehversuche vor laufenden Kameras. "Das war eine sehr lehrreiche Zeit, die mir gezeigt hat, wie das Business läuft. Es war auch ein Sprung ins kalte Wasser, weil ich keine Erfahrung damit hatte", so der 35-Jährige.

Seitdem hat der Pianist und Keyboarder schon etliche Shows musikalisch begleitet und produziert, zahlreiche namhafte Musiker wie Helene Fischer, Sarah Connor, Tom und Bill Kaulitz, Giovanni Zarrella oder Sido bei ihren (Gast-)Auftritten im Fernsehen mit Live-Band begleitet. Daneben ist er auch regelmäßig mit Musikern auf Tournee: Zuletzt wurde er Tourleiter von Sängerin Stefanie Heinzmann und vom Kölner Nico Gomez.

Klinkenberg arrangiert die Musik für TV Total

Seit September ist Klinkenberg zudem für die Musik bei "TV-Total" mit Moderator Sebastian Pufpaff verantwortlich. In die Fußstapfen der Kult-TV-Band Heavytones zu treten sei schon "ein Traum, der in Erfüllung geht", sagt Klinkenberg. "Ich war schon als Kind großer Fan der Heavytones. Das war schon wahnsinnig toll, dass für deutsche Verhältnisse im deutschen Fernsehen eine Band von so einer Qualität so einen Spot bekommt."

Das hohe Level der Vorgänger vor potenziell Millionen Zuschauern zu halten, sei eine große Aufgabe. Doch was macht man als musikalischer Leiter einer Show mit achtköpfiger Band überhaupt, zumal die kultige Titelmelodie von "TV-Total" gewissermaßen unantastbar ist? "Ich suche die Musik für die Sendung aus, arrangiere sie für die jeweilige Besetzung: Wir haben drei Bläser, Bass, Gitarre, Schlagzeug, Percussion und Keyboards. Die Band bekommen die Noten im besten Fall einen Tag vorher und am Tag der Aufzeichnung treffen wir uns bereits um 8.30 Uhr", skizziert Klinkenberg den Ablauf.

Das muss dann schnell sitzen, denn nach dem Mittag kommt bereits das Publikum ins Studio und am Nachmittag wird die Sendung aufgenommen, die am selben Abend ausgestrahlt wird. "Im Studio ist richtig viel Musik, wir spielen ein Warm-Up für das Publikum und während der zwei Werbungen als Service für die Gäste." Herausfordernd sei, dass er und seine Kollegen innerlich immer bei der Sache sein und schonmal "blitzschnell reagieren müssen", wenn gerade ein lustiger Gag stattfindet, denn trotz Aufnahme sei der Live-Charakter stark, wiederholt werden Szenen nicht.

Musikalischer Leiter von TV-Total gleichzeitig Dozent

Wenn der Vollblut-Musiker gerade mal nicht im TV-Studio in Mülheim an den Tasten sitzt, lehrt er an der Hochschule für Musik und Tanz Köln. Seit 2023 ist er Professor für "Pop Keyboards". Die Arbeit mit den Studierenden mache ihm "total Spaß". Er ist mit ihnen per Du. "Viele der Studierenden, die ich betreue, sind später meine Kolleginnen und Kollegen und teilweise nehme ich sie schon jetzt in meine Projekte mit. Es ist wichtig, dass sie eine Chance bekommen, sich zu zeigen."

Klinkenberg hat sich dagegen den Weg in die Pop-Welt selbst geebnet. Hat ganz klein in Cafés angefangen, mal hier eine Sängerin begleitet, dann mal eine Session im ehemaligen Bruegel auf den Ringen eröffnet und im ehemaligen Barinton in Ehrenfeld gespielt. Mundpropaganda, sein Können und nicht zuletzt der große Bedarf an Keyboardern, von denen es nicht viele gegeben habe zu der Zeit, hätten ihn immer mehr in die Musikbranche hineinbefördert – bis jener Anruf von Raab kam und Klinkenberg auch das Tor ins Fernsehen offen stand.

Klinkenberg wollte nie nur in der Jazzszene sein

Klinkenberg hat eine klassische Klavierausbildung absolviert, zunächst studierte er am Conservatorium in Amsterdam, danach Jazz an der Musikhochschule Köln. Vor über zehn Jahren seien Grenzübergänge Richtung Pop hier nicht unbedingt normal gewesen.

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"Die Kölner Jazzszene hat europaweit ein Standing, ich finde sie großartig, aber ich hatte nie den Eindruck, dass das mein Platz ist. Ich habe mich mehr auf vielen Baustellen gleichzeitig gesehen – genreübergreifend. Meine Lehrer haben es teilweise gar nicht so gern gesehen, dass ich auch Pop-Musik gemacht habe." Doch das habe sich mittlerweile positiv gewandelt. Das Genrekorsett, das er zu seiner Studienzeit gespürt habe, sei nicht mehr so eng. "Es ist toll, wie musikalische Diversität mittlerweile gefeiert wird."  © Kölner Stadt-Anzeiger

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