Saarbrücken - Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) hat die Menschen im Saarland auf schwierige Zeiten eingeschworen.
"Die kommenden Jahre werden extrem anstrengend", sagte sie im Landtag in Saarbrücken zur wirtschaftlichen Lage. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Stephan Toscani übte heftige Kritik an der 82-minütigen Regierungserklärung und den "Durchhalteparolen"
Einig waren sich Regierung und Opposition lediglich über die Notwendigkeit neuer Schulden: Sie beschlossen eine "außergewöhnliche Notsituation", um trotz Schuldenbremse auch 2025 einen Transformationsfonds von knapp 3 Milliarden Euro mit neuen Krediten zu finanzieren. Damit sollen unter anderem große Investitionen gefördert werden. Das "Schaffen von finanziellen Spielräumen" sei ein großer Erfolgsfaktor für das Land, sagte die Regierungschefin.
Mit der Regierungserklärung unter dem Titel "Mut im Wandel – Das Saarland kämpft" reagierte Rehlinger auf eine Reihe schlechter Nachrichten im Zuge der Umstellung der bisher vor allem auf Stahl und Automobil ausgerichteten Industrie des Landes. Unter anderem hatte der US-Chiphersteller Wolfspeed kürzlich den Bau einer Mega-Fabrik für Halbleiter in Ensdorf für unbestimmte Zeit verschoben. Der Autozulieferer ZF kündigte den Abbau von 1.800 Stellen an. Der chinesische Batteriehersteller SVolt, der ein großes Werk im Saarland plante, will sich jetzt aus Europa zurückziehen.
"Selten in der Geschichte haben sich die Dinge so schnell, so drastisch und so gleichzeitig verändert", sagte Rehlinger. "Und dieser Wandel trifft uns im Saarland früher und härter als andere." Die Menschen gäben aber nicht auf: "Wir Saarländerinnen und Saarländer kämpfen um die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes", sagte Rehlinger. "Wir müssen uns anstrengen in anstrengenden Zeiten."
Deutschland brauche neue wirtschaftliche Impulse. Dazu gehörten "planbare, international wettbewerbsfähige Strompreise". Der Hochlauf der Elektromobilität müsse klarer unterstützt werden. Erneute Kaufanreize für Elektroautos seien nötig. Rehlinger forderte eine Aussetzung der EU-Flottengrenzwerte zur Verringerung der CO2-Emissionen um ein Jahr. Zudem solle die Revisionsklausel der Vorschrift um ein Jahr auf 2025 vorgezogen werden. "Es wäre absurd, wenn Unternehmen ausgerechnet jetzt Milliarden-Strafen zahlen, statt in den Wandel investieren zu können", sagte sie.
"Was wir jetzt brauchen, ist ein neues Geschäftsmodell", sagte Toscani. "Bei den großen Zukunftsfragen hat die Regierung keine Vision." Toscani sagte, die "Fehlentscheidungen und das Chaos der Ampelkoalition" hätten Deutschland in den Abschwung geführt. Die "Hiobsbotschaften" über Arbeitsplatzverluste seien unter anderem auf zu hohe Strompreise und auf das Verbot von Verbrennerautos zurückzuführen. "Diese Politik der SPD gegen den Verbrenner geht voll auf die Kosten von Tausenden von Arbeitnehmern bei uns hier im Saarland."
Toscani forderte den Rücktritt von Wirtschaftsminister Jürgen Barke (SPD). Dieser sei verantwortlich für "jede Menge großspuriger Ankündigungen, die sich am Ende in Luft aufgelöst haben". Das Saarland müsse seine Stärken und Schwächen ehrlich analysieren und dann "eine Strukturoffensive mit einem neuen Geschäftsmodell" starten. Die Regierung entdecke erst jetzt den Mittelstand als wichtigen Wirtschaftsfaktor.
Die Ministerpräsidentin wies Kritik an einer einseitigen Ausrichtung auf die Industrie zurück: "An den Rückschlägen bei Wolfspeed, ZF oder SVolt ist niemand im Saarland schuld." Niemand könne etwas "für die mangelnde Flexibilität der EU-Kommission, wenn es um die Ausgestaltung des sogenannten Verbrenner-Aus geht". Das Verbrenner-Aus sei keineswegs nur von der SPD befürwortet worden. Mit der Entscheidung für den Umbau der Stahlindustrie hin zur Produktion von Stahl ohne den Einsatz von Kokskohle sei eines der größten Transformationsprojekte Europas endlich auf dem Weg. Zudem gebe es auch zahlreiche Ansiedlungen von mittelständischen Unternehmen. Wachstumspotenzial gebe es im Saarland vor allem im Pharmabereich, in der Gesundheitswirtschaft und in der Rüstungsindustrie. © Deutsche Presse-Agentur
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