Der Dortmunder Sieg in Berlin verschafft ein wenig Ruhe, vor den entscheidenden Wochen der Saison rückt der Ergebnisdruck vehement in den Vordergrund. Aber reicht der Dortmunder Pragmatismus auch in den "Endspielen" gegen die großen Gegner?

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Borussia Dortmund hat einen kleinen Schritt in die richtige Richtung getan – sagen sie bei Borussia Dortmund. Der 2:0-Sieg bei Union Berlin dürfte die kommenden Tage etwas angenehmer werden lassen, mit weniger Gepolter und mehr Ruhe, um sich auf die kommenden Aufgaben vorzubereiten.

Der ganz große Druck ist vorerst entwichen, der BVB mit 17 Punkten nach der Winterpause die Nummer zwei hinter Bayer Leverkusen. Und an der Alten Försterei, wo Union zuletzt Anfang November zum letzten Mal ein Spiel verloren hatte, gewinnt man auch nicht einfach so im Vorbeigehen.

Es hätte also ein ziemlich formidables Wochenende für die Borussia werden können, wenn da nur die Kontrahenten mitgespielt hätten. Aber sowohl RB Leipzig, als auch der VfB Stuttgart und Verfolger Eintracht Frankfurt gewannen ihre Spiele ebenfalls. Was nichts anderes bedeutet, dass sich an der Tabellenkonstellation nichts verändert hat. Abgesehen davon, dass es nunmehr nur noch zehn Spiele bis zum Saisonende sind.

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Die Konkurrenz bleibt hartnäckig

Noch verteidigt die Borussia den ersehnten vierten Rang gegenüber Leipzig. Die Wertigkeit der Dortmunder Gegner in der letzten Saisonphase übertrifft aber jene der Leipziger deutlich, oder anders formuliert: Leipzig hat auf dem Papier das deutlich leichtere Restprogramm und den BVB in ein paar Wochen noch im eigenen Stadion zu Gast.

Und vielleicht können sich die Leipziger schon ab Donnerstag auch nur noch auf die Bundesliga konzentrieren. Alles andere als ein Ausscheiden bei Real Madrid nach dem 0:1 aus dem Hinspiel käme schließlich einer mittelschweren Sensation gleich.

Leipzig dürfte also noch mächtig aufdrehen in den letzten Wochen der Saison und der VfB Stuttgart macht nach einem kleinen Durchhänger zum Start in die Rückserie auch keinerlei Anstalten, nun doch noch gravierend einzubrechen.

Die üblichen BVB-Probleme

Der BVB wird es also schon selbst richten müssen in den nächsten Wochen und dabei besseren Fußball spielen als am Samstag in Berlin. Nun waren die Beteiligten danach hörbar erleichtert über den eminent wichtigen Dreier, die Augen vor dem Berg an Arbeit, der vor Edin Terzic und seiner Mannschaft liegt, sollte der Erfolg gegen Union aber auch nicht verschließen.

"Wir sind zufrieden, wissen aber, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben", sagte der Trainer selbst nach einem Spiel, bei dem die Borussia ganz schnell wieder auf die falsche Bahn hätte geraten können. Das hohe Berliner Pressing behagte dem BVB überhaupt nicht. Einmal mehr in dieser Saison erwies sich die Mannschaft als wenig resistent gegen ein gegnerisches Angriffspressing, wurde schnell hektisch und schlampig im Passspiel und verlor einige Bälle in sehr gefährlichen Zonen.

Ein besserer Gegner als die Berliner hätte daraus wohl schnell Kapital geschlagen. Und vor allen Dingen auch seinen Leitfaden weiterverfolgt. Denn mit dem ebenso überraschenden wie wenig sinnhaften Rückzug ins Mittelfeldpressing machte Union dem BVB die Tür auf in diese Partie - und die Dortmunder nahmen die Einladung dankend an.

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Reicht der Dortmunder Pragmatismus?

"Man hat zu Beginn noch die Verunsicherung vom vergangenen Wochenende gemerkt. Wir haben es als Team aber gut hinbekommen. Wir wussten, was hier auf uns wartet, haben das angenommen, uns einige Chancen erarbeitet und sind verdient in Führung gegangen", fasste Torhüter Alexander Meyer zusammen. "In der zweiten Halbzeit haben wir einfach gespielt, waren nah bei den zweiten Bällen und haben uns noch die eine oder andere Chance herausgespielt."

Der BVB konnte das Spiel nach dem Führungstreffer tatsächlich vergleichsweise gut verwalten und wählte wie von Meyer beschrieben das einfachste aller Stilmittel: Einen langen Ball in die Spitze. "Ich habe gar kein Problem damit, lange Pässe zu spielen. Wenn sie lang und präzise sind, ist das gar kein Problem", wollte sich Terzic dafür auch gar nicht rechtfertigen.

Der Dortmunder Pragmatismus war an diesem Tag zu viel für Union, in den kommenden Wochen dürfte diese Art des Fußballs gegen die nun immer stärker werdenden Gegner aber kaum noch reichen. "Es wurde oft kritisiert, dass wir in Schönheit sterben, wenn es hart auf hart geht", befand Meyer und lag damit aber ausnahmsweise mal nicht richtig. Denn mangelnden Gegenwehr, Lauf- und Kampfbereitschaft waren bisher eher nicht die Dortmunder Probleme, Stichwort "weniger sexy, mehr Erfolg".

Ergebnisse über Entwicklung

Die Entwicklung hin zu einer spielerischen Leichtigkeit wird es bis zum Ende der Saison beim BVB wohl nicht mehr geben. Dafür ist jetzt schon zu viel Zeit verstrichen, ohne den gewünschten Effekt. Und der enorme Ergebnisdruck in den Spielen der Bundesliga und auch in der Champions League legt die Vermutung nahe, dass nun gar keine Zeit mehr bleibt für das schöne Dortmunder Spiel. Oder jenes, mit dem sich die Anhänger einst zu einhundert Prozent identifizieren konnten.

Dass nun plötzlich eine Entwicklung einsetzt, auf die die Fans seit Monaten schon warten, ist eher nicht zu erwarten. Der BVB muss stattdessen weiter Ergebnisse einfahren, für Experimente ist kein Platz. Elf Endspiele plus X stehen jetzt noch an, zehn in der Bundesliga und mindestens das eine im Rückspiel der Champions League gegen Eindhoven. "Wir machen uns nichts vor und versuchen, ergebnisorientiert Fußball zu spielen", sagte Sportchef Sebastian Kehl in der Sport1-Sendung "Doppelpass".

Das Erfolgsrezept dafür wird wohl eine kollektive Abwehrleistung plus ein starker Torhüter plus die individuelle Qualität in der Offensive bleiben. Und zumindest in diesem Bereich gibt es Hoffnung: Felix Nmecha und Julien Duranville stoßen nach ihren Verletzungen alsbald als weitere Optionen dazu, Sportchef Kehl freut sich schon auf "mehr PS". Nun muss der BVB diese aber auch auf die Straße bringen.

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