Insgesamt zwölf Spieler des FC Bayern München nahmen an der Europameisterschaft teil. Einige trumpften auf, andere erlebten eine große Enttäuschung. Harry Kane erreichte zwar als einziger Spieler des FC Bayern das Finale, könnte aber besonders lange an der Niederlage zu knabbern haben.

Eine Analyse
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Die Enttäuschung war ihm nach der Finalniederlage anzusehen. Als Kapitän der englischen Nationalmannschaft musste sich Harry Kane zuallererst die Silbermedaille abholen, die er eigentlich gar nicht haben wollte. Er wanderte vom Spielfeld, stand etwas abseits von seinen Mannschaftskameraden und schaute zu, wie die Spanier den Pokal in die Höhe streckten.

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Ein bekannter Weg, eine bekannte Medaille. Harry Kane wartet nach seinem zweiten verlorenen EM-Finale weiterhin auf den ersten Titel seiner Profi-Karriere. © Christian Charisius/dpa

Es ist ein Gefühl, dass er nur allzugut kennt. Kane ist zwar der zweiterfolgreichste Torjäger der Premier-League-Geschichte und amtierender Bundesliga-Torschützenkönig. Aber: Er gewann im Profifußball keinen einzigen Titel.

Bayerns Kane bleibt weiter titellos

Zweimal stand er im Finale der Europameisterschaft. Mit seinem Ex-Verein Tottenham Hotspur erreichte er zudem einmal das Champions-League-Endspiel und zweimal das Finale um den EFL Cup (englischer Pokalwettbewerb). All diese Spiele wurden verloren. Und Kane, der eigentlich für seine Treffsicherheit bekannt ist, schoss in keinem dieser Endspiele ein Tor.

"Es ist schwer in Worte zu fassen, wie wir uns im Moment alle fühlen", sagte der Stürmer nach dem EM-Finale gegen Spanien. "Wir haben eine große Gelegenheit verpasst. Es ist nicht einfach, das Finale zu erreichen. Wir haben eine unglaubliche Widerstandsfähigkeit und Charakter bewiesen, um dorthin zu gelangen. Aber letztendlich muss man sich durchsetzen. Das haben wir nicht geschafft. Es ist extrem schmerzhaft und wird noch lange weh tun."

Dass seine erste Saison beim FC Bayern die erste titellose Spielzeit des Vereins seit 2011/2012 gewesen ist, passt in das Gesamtbild seiner Karriere. Ob ihn die Titellosigkeit noch länger belasten wird? Dass er mit drei Treffern einer von sechs Torschützenkönigen der Europameisterschaft ist, dürfte ihn jedenfalls kaum trösten.

Musiala traf dreifach, Sané erlebte eine misslungene EM

Kane ist nicht der einzige Spieler des FC Bayern, der dreifach traf. Selbiges gelang dem deutschen Nationalspieler Jamal Musiala, der insgesamt ein starkes Turnier spielte. Gleich im ersten Spiel gegen Schottland schoss er ein Tor. Danach schien er regelrecht befreit zu sein, brachte seine Dribbling-Fähigkeiten zum Vorschein und fand immer wieder einen Weg in den Strafraum. Er dürfte gestärkt zum FC Bayern zurückkehren.

Völlig anders ist die Situation von Leroy Sané, der bereits seit Monaten von Schmerzen am Schambein geplagt ist. Dies zog sich durch die EM. Nachdem er in der Vorrunde stets als Einwechselspieler zum Einsatz kam, stand er im Achtelfinale gegen Dänemark und im Viertelfinale gegen Spanien in der Startelf. Eine Torbeteiligung gelang dem 28-Jährigen nicht. Die Dynamik, die ihn eigentlich auszeichnet, war ebenfalls nicht zu sehen. Gegen Spanien wurde er verletzungsbedingt bereits zur Halbzeit ausgewechselt.

Direkt nach der für ihn enttäuschenden Europameisterschaft unterzog er sich einer Leistenoperation. Diese verlief laut Vereinsangaben erfolgreich, sodass der 28-Jährige Ende Juli wieder in das Training einsteigen kann. Die Zeiten des Leidens sollen dann vorüber sein. Ob Sané, der in sein letztes Vertragsjahr beim FC Bayern geht und bislang immer wieder Formschwankungen hatte, dann sein Potenzial entfalten kann? Dies dürfte jedenfalls die Hoffnung sein.

Neuer, Müller und Kimmich gehen in ihr letztes Vertragsjahr

Torwart Manuel Neuer (38), der sich am Ende der vergangenen Saison beim FC Bayern einige Patzer leistete, spielte eine ordentliche Europameisterschaft und blieb ohne größere Fehler. Thomas Müller (34) kam lediglich zu zwei kurzen Einsätzen über insgesamt 58 Minuten, bereitete aber immerhin gegen Schottland ein Tor vor. Nach der EM erklärte er seinen Rücktritt von der Nationalmannschaft. Möglicherweise geht er nun sogar in die letzte Bundesliga-Saison seiner Karriere. Die Verträge von Neuer und Müller enden nach dieser Spielzeit.

Joshua Kimmich agierte, genauso wie zuletzt beim FC Bayern, bei der Europameisterschaft stets als Rechtsverteidiger. Der 29-Jährige stellte sich voll in den Dienst der deutschen Nationalmannschaft, verteidigte stark und schaltete sich auch sehr in die Offensive ein. Zwei Tore bereitete er vor – einmal gegen Schottland, einmal gegen Spanien. Seine Zukunft beim FC Bayern gilt als ungewiss, weil auch sein Vertrag in einem Jahr endet.

Frankreich: Upamecano war Stammspieler, Coman Reservist

Zwei Spieler des FC Bayern erlebten mit der Nationalmannschaft von Frankreich, die im Halbfinale an Spanien scheiterte, eine komplett gegensätzliche Europameisterschaft. Innenverteidiger Dayot Upamecano stand in allen Spielen von Anfang bis Ende auf dem Spielfeld und verteidigte stark.
Einziger Ausrutscher: Gegen Polen verursachte der 25-Jährige einen Foulelfmeter. Ansonsten allerdings agierte er konstanter als in der Bundesliga. "Bei der französischen Nationalmannschaft spielt er besser als beim FC Bayern. Wir wissen wirklich nicht, warum", sagte Ex-Frankreich-Trainer Raymond Domenech.

Flügelspieler Kingsley Coman hingegen wurde lediglich einmal gegen die Niederlande eingewechselt (15 Minuten Einsatzzeit) und schmorte ansonsten die komplette EM auf der Ersatzbank. Laut einem Bericht von Frankreichs Sportzeitung "L‘Equipe" ist die Enttäuschung so groß, dass der 28-Jährige sogar über einen Rücktritt aus der Nationalmannschaft nachdenkt. Gegenüber der "Sport Bild" wurde dies allerdings von einem Sprecher des Spielers dementiert.

Dafür allerdings könnte ein Weggang vom FC Bayern bevorstehen. Laut der "Bild" soll Coman für circa 50 Millionen Euro verkauft werden. Der französische Top-Verein Paris Saint-Germain wird als Interessent genannt.

Frustrierende EM für Matthijs de Ligt

Für den Innenverteidiger Matthijs de Ligt verlief die Europameisterschaft sogar noch enttäuschender. Der 24-jährige Niederländer saß in allen Spielen auf der Ersatzbank und wurde kein einziges Mal eingewechselt. Zu seiner Zukunft wollte er sich während der EM nicht äußern. Allerdings soll laut übereinstimmender Medienberichte ein Wechsel zum englischen Rekordmeister Manchester United wahrscheinlich sein.

Der kroatische Nationalspieler Josip Stanisic, der nach seiner Ausleihe zu Bayer Leverkusen nach München zurückkehrt, erlebte ein bitteres Vorrundenaus. Dieses wurde erst im dritten Vorrundenspiel durch einen Treffer in der Nachspielzeit von Italien zum 1:1 besiegelt. Stanisic spielte zwei der drei Vorrundenspiele über die kompletten 90 Minuten.

Direkt nach der EM wurde in München seine Vertragsverlängerung bis zum Sommer 2029 bekanntgegeben. Über seine eigene Entwicklung sagt der 24-Jährige: "Ich habe Selbstvertrauen gewonnen durch die vielen guten Spiele und auch die Ergebnisse. Daher glaube ich, dass ich jetzt noch einmal ein besserer Spieler bin als zuvor."

Laimer und Neuzugang Palhinha erreichten das Viertelfinale

Der Mittelfeldspieler Konrad Laimer erreichte mit Österreich das Achtelfinale, ehe die überraschende Niederlage gegen die Türkei erfolgte. Der 27-Jährige kam in allen vier Spielen zum Einsatz und stand dreimal in der Startelf, überzeugte mit seinem laufintensiven Spiel und seiner Zweikampfstärke. Dennoch war das Ausscheiden für ihn und die Mannschaft eine große Enttäuschung.

Die Verpflichtung des Portugiesen João Palhinha (29), der als defensiver Mittelfeldspieler in vier von fünf EM-Spielen zum Einsatz kam, wurde erst nach dem Viertelfinal-Aus gegen Frankreich perfekt gemacht.

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EM-Fahrer starten später die Saisonvorbereitung

Der FC Bayern ist am Montag, einen Tag nach dem Finale der EM, mit dem Trainingsauftakt in die neue Saison gestartet. Die Nationalspieler, die bei der EM oder wie der Kanadier Alphonso Davies bei der Copa América im Einsatz waren, steigen erst später in die Vorbereitung ein. Alle Spieler sollen aber bei der Südkorea-Reise vom 31. Juli bis zum 5. August wieder an Bord sein.

Für Trainer Vincent Kompany wird es nicht einfach, die Mannschaft unter diesen Bedingungen optimal auf die Saison vorzubereiten. Eine lange Europameisterschaft, ein kurzer Urlaub und eine verkürzte Saisonvorbereitung führen oftmals bei vielen Spielern dazu, dass zum Saisonstart die Frische fehlt.

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