• Turbine Potsdam zieht im Halbfinale der Außenseiterinnen ins Pokalfinale ein.
  • Die Frauen des FC Bayern München scheiden im Top-Spiel gegen den VfL Wolfsburg verdient aus und müssen nun eine voraussichtlich titellose Saison analysieren.
  • Der VfL Wolfsburg bangt um Lena Oberdorf, die sich gegen Bayern am Knie verletzt hat. Aber auch der DFB schaut mit großen Sorgen in die Autostadt.

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"Mit Tränen in den Augen", kündigte die "Sportschau" nach der 1:3-Niederlage des FC Bayern München gegen den VfL Wolfsburg ihre nächste Interviewpartnerin an. Es war Lina Magull, die Kapitänin der Münchnerinnen. Ganz so schlimm war es dann aber doch nicht für die 27-Jährige. "Tränen in den Augen nicht", korrigierte sie die Reporterin: "Es tut natürlich weh. Wir haben uns viel vorgenommen, waren zumindest kämpferisch gut im Spiel."

Während Wolfsburg sich mit dem abermals deutlichen Erfolg die Chancen auf alle drei Titel wahrt, werden die Bayern am Ende höchstwahrscheinlich leer ausgehen. Die erfolgreiche letzte Saison, in der sie die Meisterschaft holen konnten, werden sie, wenn in der Liga nichts Außergewöhnliches mehr passiert, nicht mehr bestätigen.

Wolfsburg kann schon jetzt von einer gelungenen Entwicklung sprechen, aber natürlich wolle man jetzt auch "alle drei Titel holen", wie Doppelpackerin Jil Roord anschließend sagte.

Die Ergebnisse im Pokal-Halbfinale:

1. Potsdam krönt eine starke Saison

Im Schatten des Topspiels spielten am Montagabend im zweiten Halbfinale Bayer 04 Leverkusen und Turbine Potsdam um den Einzug ins Pokalfinale. In einer hart umkämpften Partie, in der beiden Offensivreihen wenig gelang, wären die leicht favorisierten Potsdamerinnen beinahe ausgeschieden. Dina Blagojevic brachte die Werkself in der 66. Minute in Führung, erst sieben Minuten vor dem Ende besorgte Isabel Kerschowski den Ausgleich für Potsdam.

Dass beide Treffer per Elfmeter fielen, passte zum Spielverlauf. Leverkusen zeigte vor allem defensiv seine bisher beste Rückrundenleistung und machte es den Gästen schwer. Dementsprechend ging es ins Elfmeterschießen.

Im mit 2.000 Menschen gut gefüllten Ulrich-Haberland-Stadion verschaffte sich Leverkusen nach dem Fehlschuss von Melissa Kössler einen Vorteil und ging in Führung. Caroline Siems und Milena Nikolic verschossen dann allerdings für das Heimteam, während Potsdam ohne weiteren Fehlschuss blieb.

Mit dem 4:3-Erfolg nach Elfmeterschießen sichert sich Potsdam erstmals wieder seit 2014 das Finalticket. Damals verloren sie mit 0:3 gegen den VfL Wolfsburg. Am 28. Mai bekommen sie nicht nur die Gelegenheit zur Revanche, sondern auch dazu, eine herausragende Saison zu krönen.

Spielerin der Woche: Jill Roord

Der größte Unterschied zwischen Bayern und Wolfsburg? Die Wölfinnen waren deutlich abgezockter. Personalisieren lässt sich diese Feststellung durch Jill Roord. Die Niederländerin erzielte nicht nur einen Doppelpack, sondern war auch darüber hinaus für ihre Gegenspielerinnen nur schwer zu greifen.

2. Bayern am Boden: Alle Titelchancen verspielt

Kämpferisch war Bayern-Kapitänin Lina Magull mit der Leistung ihres Teams zufrieden. "Fußballerisch haben wir es auch phasensweise ganz gut gemacht, aber nicht so, wie wir eigentlich Fußball spielen wollen, weil Wolfsburg es einfach auch sehr gut verteidigt", analysierte sie nach dem Ausscheiden im Pokal ernüchtert. Es sind ehrliche Worte, die den Charakter dieses Bayern-Teams gut beschreiben.

Natürlich hatten die Münchnerinnen ausgerechnet in der wichtigsten Saisonphase mit Rückschlägen zu kämpfen, die es nahezu unmöglich gemacht haben, Wolfsburgerinnen in Top-Form zu schlagen. Es ist bemerkenswert, mit welcher Energie und Einstellung die Bayern in die entscheidenden Spiele gegangen sind. Auch wenn es letztendlich nicht für einen Titel reichen wird, so haben sie nicht nur Moral, sondern auch großen Sportsgeist bewiesen.

Sie hätten hadern, sich sogar aufgeben können. Stattdessen aber kämpften sie um jeden Ball, um jeden Meter auf dem Platz und nahmen die Situation an. Zu Recht ist Magull deshalb "stolz auf die Mannschaft, weil sie alles gegeben hat."

Defensivsorgen plagen Trainer Jens Scheuer

"Pech gehabt". Ist das schon das Saisonfazit? Ganz so einfach ist es wahrscheinlich nicht. Über weite Strecken der Saison sah es so aus, als hätten die Bayern einen unfassbar breiten Kader, der mit nahezu allen Rückschlägen umgehen kann. Rückblickend betrachtet hat man auf der einen oder anderen Position dann doch mehr Schwierigkeiten, als zunächst erwartet wurde.

In der Innenverteidigung fehlt Marina Hegering bereits seit Monaten. Im Sommer wird die 32-Jährige den FC Bayern verlassen. Sie war die Ankerspielerin in der Defensive, als die Münchnerinnen die Meisterschaft gewannen. Ersetzt werden sollte sie durch Saki Kumagai, eine Weltklassespielerin, die mit Olympique Lyon über Jahre alles abgeräumt hat.

Nicht nur, aber auch wegen ihres entscheidenden Fehlers gegen Wolfsburg, als sie vor dem 1:2 am Ball vorbeisprang, lautet das Zwischenfazit ihrer Zeit in München: Das reicht nicht (mehr). Bayern hat ein Defensivproblem, wenn es gegen die starken Teams geht. Sowohl im Spielaufbau als auch in der Klärungsarbeit ist das von allen, aber gerade von der so erfahrenen Japanerin zu wenig.

FC Bayern München mit Kaderproblemen

Im Winter wurden mit Kristin Demann und Sofia Jakobsson zwei Spielerinnen ersatzlos abgegeben, die zumindest auf Bundesliga-Niveau gute Rotationsoptionen gewesen wären. Offensiv sind die Bayern in den letzten Jahren stärker geworden. Trainer Jens Scheuer hat ein gut abgestimmtes Flügelspiel etabliert.

Auch hier muss für die kommende Saison aber gefragt werden, ob das noch reicht. Unabhängig von den Ausfällen der vergangenen Wochen war auch in der Hinrunde schon zu sehen, dass Bayern offensiv aus dem Spiel heraus wenig einfällt, wenn Gegnerinnen sich gegen die Flügelangriffe und Flanken gut organisieren. Wolfsburg, Lyon und auch Potsdam gelang es damals jeweils gut, ihr Spiel stark einzuschränken. Es fehlt trotz des nominell gut aufgestellten Angriffs die Variation, es fehlen die Überraschungsmomente. Oft ist der Ballvortrag zu monoton.

Machen die Bayern seit dem Meistertitel nur noch Seitwärtsschritte? Das große Ziel, den VfL Wolfsburg zu stürzen, bleibt jedenfalls bestehen. Die jüngsten Niederlagen sollten für sich genommen nicht überbewertet werden. Und doch wird man sich in München davon freimachen müssen, alles auf die unglücklichen Umstände zu schieben.

Zitat der Woche

"Nach den intensiven Wochen haben wir heute gehofft, dass wir uns so ein bisschen aus dem Tief herausspielen können. Es ist gerade sehr bitter." – Lina Magull nach dem Spiel über die 1:3-Niederlage gegen Wolfsburg.

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3. Lena Oberdorf: Nicht nur Wolfsburg bangt

Bitter war es letztendlich auch ein wenig für die Wolfsburgerinnen. Mit Lena Oberdorf verloren sie in der 18. Spielminute eine ihrer wichtigsten Spielerinnen. Die 20-Jährige hatte einen Schlag aufs Knie bekommen. Oberdorf ist die Akteurin im Mittelfeld, die Tempo und Takt vorgibt. Sie bewegt sich klug in die Zwischenräume, kann die Bälle schnell verarbeiten und trägt so maßgeblich dazu bei, dass Wolfsburg schwer zu pressen ist.

Besonders deutlich wurde das nach ihrer Auswechslung. Zwar gelang den Wölfinnen kurz darauf das 1:0, aber dann ging der Rhythmus etwas verloren. Plötzlich verloren sie einige Bälle im Spielaufbau und machten Bayern stark. Oberdorf ist die Strukturgeberin des Mittelfelds und dementsprechend strukturlos wirkte es in manchen Situationen, nachdem sie nicht mehr dabei war.

Bayern kam verdient zum Ausgleich, war dann sogar kurz davor, das 2:1 zu erzielen. Wolfsburg aber arbeitete sich zurück ins Spiel und gewann das Spiel. Ohne Oberdorf wird es aber trotz des breiten Kaders schwer, die anstehenden Aufgaben gegen den FC Barcelona in der Champions League zu bewältigen. Wie lange sie ausfällt, ist derzeit unklar.

Doch nicht nur Wolfsburg hofft auf eine schnelle Genesung. Auch beim DFB wird man mit Anspannung verfolgen, wie es ihr geht. Dort spielt sie meist in der Innenverteidigung, ist aber genauso wichtig wie beim VfL.

So geht es jetzt weiter

Am kommenden Freitag steht für den VfL Wolfsburg das Highlight der Saison an. Vor rund 90.000 Zuschauerinnen und Zuschauern gastieren sie im Halbfinale der Champions League beim FC Barcelona (18:45 Uhr, DAZN). Beinahe zeitgleich können die Bayern in der Bundesliga bei Carl Zeiss Jena auf einen Punkt an die Wölfinnen herankommen (19:15 Uhr).

Ob das wirklich nochmal für Spannung sorgt? Eher unwahrscheinlich. Der VfL spielt noch in Essen (4.5., 19:15 Uhr), in Jena (8.5., 16:00 Uhr) und gegen Leverkusen (15.5., 14:00 Uhr). Das sind die Bundesliga-Partien am Wochenende:

  • Jena – Bayern (Freitag, 19:15 Uhr, MagentaSport)
  • Hoffenheim – Potsdam (Samstag, 14:00 Uhr, Sportschau.de, MagentaSport)
  • Frankfurt – Leverkusen (Sonntag, 13:00 Uhr, MagentaSport)
  • Köln – Bremen (Sonntag, 16:00 Uhr, MagentaSport)
  • Freiburg – Sand (Sonntag, 18:00 Uhr, Eurosport, MagentaSport)
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