Die Brandenburg-Wahl war die letzte planmäßige Landtagswahl in einem Flächenland vor der Bundestagswahl 2025. Die Parteien bringen sich in Sachen Kanzlerkandidaten in Stellung.

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SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke hat bei der Wahl in Brandenburg alles auf eine Karte gesetzt: Wäre seine Partei nicht stärkste Kraft geworden, hätte er sich als Landesvater verabschiedet. Am Ende war es sehr knapp. Die SPD liegt mit 30,9 Prozent nur ein Stückchen vor der AfD (29,2 Prozent). Ein Sieg, den die Sozialdemokraten im Bund nur schwer als den eigenen verkaufen können. Schließlich gaben viele Brandenburger an, SPD gewählt zu haben, um die AfD zu verhindern.

In den Parteizentralen in Berlin wird einen Tag später schon nach vorne geschaut: auf die Bundestagswahl 2025 und damit auch: auf die Frage nach dem K, dem Kanzlerkandidaten.

Klingbeil stellt sich hinter Scholz

Bei den Sozialdemokraten kann am Tag nach der Brandenburg-Wahl von frenetischer Freude keine Rede sein. Gemeinsam analysieren Ministerpräsident und Spitzenkandidat Dietmar Woidke und Parteichef Lars Klingbeil das Ergebnis. "Gestern waren wir noch zurückhaltend und haben uns noch nicht getraut zu feiern, aber heute Morgen im Präsidium haben wir aus vollem Herzen gratuliert", erklärt Klingbeil.

Beiden sei aber auch klar: Um Wahlen zu gewinnen, muss hart gearbeitet werden – und es braucht eine klare Haltung. Punkte, die Klingbeil auch für den Bundestagswahlkampf mitnehmen will. In diesem Zusammenhang zurrt er zumindest eine Sache schon fest: Der Kanzlerkandidat der SPD für die Bundestagswahl 2025 heißt Olaf Scholz.

Es gebe bei dieser Frage keine Diskussion und die Partei wolle auch keine Debatte aufmachen. Damit spielt Klingbeil auf die Spekulationen der vergangenen Wochen an, Verteidigungsminister Boris Pistorius könnte als Kanzlerkandidat nominiert werden.

"In unserer Performance müssen wir besser werden. Das kann jeder sehen, der sich die Umfragewerte anschaut."

Lars Klingbeil, SPD-Parteichef

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hat am Montagmorgen im "Deutschlandfunk" festgestellt, Olaf Scholz müsse sich ändern. Parteichef Klingbeil will sich ihr bei der Pressekonferenz nur indirekt anschließen: "Ich möchte die Wahl gewinnen und dafür müssen wir Dinge angehen", sagt er. Er verordnet seiner Partei eine klare Haltung, etwa zur Sicherung von Industriearbeitsplätzen und zur Stabilisierung der Rente. "In unserer Performance müssen wir besser werden. Das kann jeder sehen, der sich die Umfragewerte anschaut."

Mit Blick auf Friedrich Merz (CDU), dessen Kanzlerkandidatur bereits in der vergangenen Woche verkündet wurde, sagte Klingbeil: "Ich freue mich auf einen fairen Wahlkampf und Auseinandersetzungen in der Sache."

Einstimmiges Votum für Merz – und doch ein Dämpfer

Daran hat man in der CDU gewisse Zweifel. Der frisch gebackene Kanzlerkandidat Merz erwartet einen harten Wahlkampf, auch mit persönlichen Angriffen gegen die Kandidaten. Nicht vergessen hat man in der Union eine teils als Diffamierung empfundene Kampagne der SPD gegen die CDU 2021. Merz selbst verspricht: "Wir werden uns auf die Sachthemen konzentrieren."

Bei der CDU kommt es am Montag zu einer etwas ungeschickten Gleichzeitigkeit. Die Parteigremien bestätigen Friedrich Merz am Vormittag einstimmig als Kanzlerkandidaten. Im Konrad-Adenauer-Haus applaudieren die Mitarbeiter lange, als Generalsekretär Carsten Linnemann die Entscheidung verkündet. Merz sei der richtige Mann zur richtigen Zeit, sagt Linnemann.

Bei der gleichen Gelegenheit gilt es aber auch ein äußerst dürftiges Wahlergebnis zu analysieren: Brandenburgs CDU hat mit 12,1 Prozent ihr bisher schlechtestes Ergebnis in dem Bundesland eingefahren. Wenn sich die Partei einen positiven Merz-Effekt erhofft hatte – er ist ausgeblieben.

Das Ergebnis sei schmerzhaft, räumt er ein. Seine Erklärung: Die CDU sei zerrieben worden im Zweikampf zwischen SPD und AfD. Sogar Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer hatte sich auf eine Seite geschlagen – und zur Wahl des SPD-Politikers Woidke aufgerufen. Das sei in den CDU-Gremien auf breite Kritik gestoßen, sagt Merz: Kretschmer habe damit dem Wahlkampf geschadet.

Für die nächste Bundestagswahl gibt sich Merz trotzdem optimistisch. Wenn es nicht zu vorgezogenen Neuwahlen kommt, wird sie in rund einem Jahr stattfinden. "Und dann möchte ich, dass wir feststellen können, dass wir die Bundestagswahl 2025 gewonnen haben. Das ist noch ein langer Weg bis dahin", sagt Merz.

AfD: Zwischen Regierungsanspruch und schrillen Tönen

Die AfD sieht im Brandenburger Wahlergebnis Rückenwind – auch sie hat die K-Frage demnächst zu klären. Die Parteiführung hat bereits klargemacht, dass sie einen Kanzlerkandidaten oder eine -kandidatin aufstellen will. Partei- und Fraktionschef Tino Chrupalla hat seine Co-Vorsitzende Alice Weidel ins Gespräch gebracht. "Wir werden das in den nächsten Wochen im Bundesvorstand beraten, da wird es dieses Jahr noch eine Entscheidung geben", sagt Chrupalla am Montag bei der Wahlnachlese seiner Partei.

Weidel selbst äußert sich bei der Pressekonferenz nicht auf die K-Frage. Sie macht aber deutlich, dass die AfD aus ihrer Sicht eine Machtperspektive braucht. In Umfragen zur Bundestagswahl sei die AfD zweitstärkste Kraft. Daraus leite sich "auch der Anspruch der AfD an eine Regierungsbeteiligung ab", so Weidel. "Sie können nicht Millionen Wähler ausschließen."

Weidel zeigt an diesem Tag ein doppeltes Gesicht. Sie gibt sich zunächst staatstragend: "Alle Parteien müssen sich fragen, wie die Gräben wieder zugeschüttet werden und wir wieder vernünftig miteinander reden", sagt sie. Einige Minuten später teilt sie dann wieder aus – und wirft Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mangelnde "Zahnhygiene" vor.

Das Motto der Grünen: Augen zu und durch

Für die Grünen hingegen ist der verpasste Einzug in den brandenburgischen Landtag die vierte Klatsche innerhalb weniger Monate. Der Vorsitzende Omid Nouripour sieht am Tag danach entsprechend unzufrieden aus. Nun gehe es darum, eine starke Stimme außerhalb des Parlamentes zu sein. In Berlin wolle man zudem alles tun, um den negativen Trend der Partei umzukehren.

Bei dieser Ansage schielt Nouripour sicherlich auch auf die Bundestagswahl in genau einem Jahr. Für ihn ist klar: Die Koalition muss jetzt noch vereinbarte Dinge umsetzen, nach Möglichkeit geräuschlos. Das klingt nach Augen zu und durch. Geräuschlosigkeit ist allerdings eine Tugend, die er der Ampel-Regierung nicht mehr zutraut. "Der Feng-Shui-Moment wird wohl nicht mehr kommen."

Die Regierung habe noch viele Aufgaben, die vor dem Ende der Koalition zu lösen seien – die Lage sei zu ernst, um die Ampel platzen zu lassen, macht er deutlich. Er stellt aber auch klar: Sollte die FDP den Notausgang wählen, wären die Grünen bereit für eine Neuwahl. "Wir sind immer für alles aufgestellt und gut vorbereitet."

Auch die Grünen wollen die K-Frage noch klären: Vizekanzler Robert Habeck hat Interesse an der Kanzlerkandidatur angedeutet. Aber sollte eine Partei, einen Kanzlerkandidaten aufstellen, die es nach Thüringen auch in Brandenburg nicht über die Fünf-Prozent-Hürde schafft? Nouripour jedenfalls lässt das Thema an diesem Tag außen vor.

Verwendete Quellen

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