Fentanyl, die Droge, die auch in Berlin angekommen ist, hat im vergangenen Jahr 70.000 US-Amerikanern das Leben gekostet, wie die New York Times berichtet.

Mehr News aus Berlin finden Sie hier

Maia Szalavitz, Autorin des Bestsellers "Clean", hat für einen Gastbeitrag in der Zeitung Daten aus verschiedenen US-Bundesstaaten ausgewertet, die auch für Berlin interessant sein könnten. Wenn Fentanyl sich einmal in einer Region verbreitet habe, schreibt sie, sei ein rasanter Anstieg von Todesfällen durch Überdosierung "nahezu unvermeidlich". Und das unabhängig davon, ob Republikaner oder Demokraten an der Macht seien, die Drogenpolitik hart oder liberal sei.

Fentanyl ist ein Schmerzmittel, das ursprünglich vor allem in der Anästhesie und der Notfallmedizin eingesetzt wird: als Pflaster, Lutschtablette, Injektion oder Nasenspray. Es wirkt beruhigend und leicht euphorisierend, verlangsamt den Puls und senkt den Blutdruck. Wegen seines hohen Suchtpotenzials unterliegt es in Deutschland dem Betäubungsmittelgesetz.

Illegal hergestellt wird Fentanyl seit 1979, erst in China, heute auch in Mexiko. Seit Anfang der 2000er-Jahre verbreitet es sich als Droge vor allem in den Vereinigten Staaten, aber immer mehr auch in der EU. Zwischen März und August 2023 wurde Fentanyl in allen sieben deutschen Städten, in denen die Deutsche Aidshilfe stichprobenartige Tests durchführte, als Beimengung zu Heroin gefunden. In Hamburg, Düsseldorf und Münster vor allem, aber auch in Berlin.

Fentanyl wirkt 50 mal so stark wie Heroin, Carfentanyl, eine dem Fentanyl verwandte Droge, sogar 5000 mal so stark. Seit 2021 seien mehr als zwei Drittel der insgesamt 100.000 Drogentoten pro Jahr in den USA auf synthetische Opioide wie Fentanyl zurückzuführen, berichtet die New York Times.

Der Grund für die schnelle Verbreitung der Droge ist ihre einfache Herstellung mit "handelsüblichen Substanzen" im Labor und die geringe Dosierung, in der sie eingenommen wird. Um sämtliche Fentanyl-Konsumenten in den Vereinigten Staaten mit ihrem jeweiligen Jahresvorrat zu versorgen, würde es reichen, eine einzige Sattelschlepperladung der reinen Droge über die mexikanische Grenze zu bringen. Für die Lieferung der gleichen Menge Heroin wären sechs Sattelschlepperladungen erforderlich, so die Times.

www.Berliner-Zeitung.de
Um Zugang zu allen exklusiven Artikeln von Berliner-Zeitung.de zu erhalten, können Sie hier ein Abo abschließen (1 Monat Gratis)

Das Fazit der Analyse: Strengere Razzien oder Strafen bringen beim Kampf gegen die Droge nichts. Wichtiger sei es, das "großartige Gegenmittel" Naloxon in jedem Erste-Hilfe-Kasten zu finden. Ersatzdrogen wie Methadon seien ebenfalls hilfreich. Untersuchungen haben ergeben, dass das Todesrisiko bei Fentanyl-Süchtigen dadurch um mehr als 50 Prozent gesenkt werden kann. Am wichtigsten aber sei es, schreibt die Autorin, das Problem an der Wurzel zu packen, die Ursachen für den Drogenmissbrauch anzugehen. "Es ist kein Zufall, dass der starke Anstieg der Todesfälle mit einem ebenso starken Anstieg von Einkommensungleichheit einhergeht."  © Berliner Zeitung

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.