Bürgerservice: Die Stadt Frankfurt gibt sich eine Digitalisierungsstrategie. Das Nebeneinander der Ämter bei der Softwarebeschaffung soll ein Ende haben.

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Eigentlich würde die Frankfurter Digitaldezernentin gern die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen. Als Tochter eines Iren in Bad Soden geboren, hat Eileen O’Sullivan (Volt) monatelang vergeblich auf eine Reaktion auf ihren Einbürgerungsantrag gewartet. "Im Regierungspräsidium stapeln sich die Akten", hat sie erfahren. Für sie sei das nur ein Beispiel dafür, warum Verwaltung digitaler werden müsse, sagte sie am Donnerstag im Römer, wo die Stadtverordneten eine Rahmenstrategie Digitalisierung verabschiedet haben. Bis 2030 soll die Frankfurter Stadtverwaltung alle kommunalen Leistungen, soweit sinnvoll und rechtlich möglich, papierlos und digital anbieten.

Welche Vorteile das bringen kann, machte Dana Kube (Die Grünen) an einem anderen persönlichen Beispiel deutlich. Nach einem längeren Auslandsaufenthalt in Schweden habe sie vergessen, sich beim dortigen Finanzamt abzumelden. "Das war jetzt mit einem einfachen Onlineformular zu heilen." Zugleich sei eine analoge Rückfrage bei einer Sachbearbeiterin möglich. Die Steuererklärung sei in Schweden in wenigen Minuten erledigt. "Es reicht, ein Häkchen zu setzen", sagte Kube. Schweden habe 2011 die kommunale Verwaltung digitalisiert, und 80 Prozent der Bürger nutzten diese Möglichkeit.

Von solchen Zuständen ist Frankfurt weit entfernt, wo man seit Anfang August immerhin seinen Wohnsitz elektronisch ummelden kann. Nun soll ein zentrales Digitalisierungsmanagement geschaffen werden. Die seit vielen Jahren bestehende Reformkommission soll dafür neu definiert werden und die strategischen Entscheidungen treffen. Als zentrale Koordinierungsstelle wird in O’Sullivans Dezernat ein "Transformation Office" eingerichtet, das die Projekte definieren und steuern soll, um sie dann mit den Ämtern und städtischen Betrieben zu realisieren. Für das "Transformationen Office" und das Projektmanagement werden je sechs Stellen aus der Sonderstellenreserve bereitgestellt, die Hälfte davon im für Finanzen und Personal zuständigen Dezernat von Bastian Bergerhoff (Die Grünen). Das verursacht Folgekosten von 1,2 Millionen Euro im Jahr. Die zentrale Steuerung solle verhindern, dass Doppel- und Dreifachstrukturen geschaffen würden, sagte O’Sullivan.

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Über das grundsätzliche Ziel herrschte unter den Stadtverordneten Einigkeit. "Die Digitalisierung ist der zentrale Hebel für die Weiterentwicklung der Stadt", sagte Nathaniel Ritter (FDP). Rahul Kumar (SPD) fand es eine gute Idee, dass ein "Innovationslabor" verschiedene Lösungen in der Verwaltung durchspielen solle. "Aber das Ergebnis muss für die Bürger spürbar sein." Der CDU hingegen war die Rahmenstrategie "zu ungenau und in weiten Teilen vage", wie Sybill Cornelia Meister sagte. Die Union hatte deshalb einen ergänzenden Antrag formuliert, in dem sie eine Erfassung des aktuellen Zustands der digitalen Infrastruktur, messbare Ziele und Erfolgskriterien, einen detaillierten Zeitplan und eine intensivere Zusammenarbeit mit Offenbach, Wiesbaden und Darmstadt forderte. "Damit die Digitalisierung nicht nur eine Vision bleibt, sondern Realität wird", wie Meister sagte.

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Der Antrag fand keine Mehrheit. "Die einzelnen Schritte werden jetzt erarbeitet, und eine Kooperation mit den Städten gibt es schon", sagte Johannes Hauenschild (Volt). Während er den Beschäftigtenbeirat, der die Digitalisierung begleiten soll und dessen Mitglieder jährlich per Los bestimmt werden, als in Deutschland einmalig lobte, sah Monika Christann (Die Linke) dadurch die Beteiligung der Mitarbeiter konterkariert. "Die Vertretung der Beschäftigten ist und bleibt der Gesamtpersonalrat." Dessen Mitbestimmungsrechte seien missachtet worden, weshalb die vorgelegte Digitalisierungsstrategie "nicht gerichtsfest" sei.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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