"Mit Drogen überschwemmt": Keine Droge ist in Frankfurt so verbreitet wie Crack. Ein geplantes Drogenzentrum soll Suchtkranken ein Konsumareal nebst Lounge und Hilfe bieten sowie den öffentlichen Raum entlasten. Die Toleranz kennt aber Grenzen.
In Frankfurt ist Crack bereits seit mehr als zehn Jahren die am weitesten verbreitete Droge im Bahnhofsviertel. Das habe die Szene stark verändert, sagt Oliver Müller-Maar, stellvertretender Leiter des Frankfurter Drogenreferats am Mittwoch auf der zweiten Crackfachtagung in Frankfurt.
Kokain sei nie billiger gewesen, sagt Sozialdezernentin Elke Voitl (Die Grünen). Crack wird unter anderem aus Kokainsalz hergestellt. "Die Straßen Deutschlands werden mit Drogen überschwemmt." Das erfordere neue Antworten der Drogenpolitik und Drogenhilfe, sagt Müller-Maar.
Ziel der Frankfurter Crackstrategie sei es, die Menschen dort abzuholen, wo sie stehen, und die Hilfen so niedrigschwellig zu gestalten, dass sie für die Betroffenen erreichbar seien, sagt Müller-Maar.
Suchtzentrum im Bahnhofsviertel geplant
Weil Voitl drogenabhängige Menschen "nicht der Straße überlassen" wolle, plane sie dafür ein integriertes Sucht- und Drogenzentrum im Bahnhofsviertel. In der Planung sei man "auf der Zielgerade". Eine Immobilie ist Müller-Maar zufolge dafür noch nicht gefunden worden. Ein Konzept, wie die neue Suchthilfeeinrichtung aussehen könnte, stellte er beim Crackfachtag vor.
So soll es etwa im Erdgeschoss ein Konsumareal in einem Innenhof, geben, Konsumräume und einen Loungebereich, in dem sich die Abhängigen nach dem Konsum aufhalten können. Darüber soll es medizinische Angebote geben, ebenso wie psychosoziale Betreuung, psychiatrische Angebote und Substitution.
Auch Hygiene- und Waschräume sind geplant. Notschlafbetten und Tagesruhebetten sollen sich im Stockwerk darüber befinden. Crackabhängige hätten oft einen verschobenen Tag-Nacht-Rhythmus, erklärt Müller-Maar die Betten. Außerdem seien multifunktionale Beratungsräume geplant, die etwa vom Jobcenter oder der Migrationsberatung genutzt werden könnten.
Entlastung des öffentlichen Raums
Damit soll das Zentrum für die Suchtkranken attraktiv werden, wodurch man sich verspreche, dass sie sich so wenig wie möglich auf der Straße aufhalten. Denn ein weiteres Ziel des Zentrums sei es, auf diese Weise den öffentlichen Raum zu entlasten.
Sogenannter Mikrohandel, also Kleinsthandel etwa zwischen Konsumenten, werde im Crackzentrum nicht geduldet, sagt Müller-Maar. Das sei in Deutschland im Gegensatz zur Schweiz nicht erlaubt – und die Frankfurter Staatsanwaltschaft "sträubt sich dagegen".
Außerdem sehe die Konsumverordnung keinen Mikrohandel vor, ergänzt Voitl. Eine Teilnehmerin, die selbst Konsumentin war, bezeichnet Mikrohandel als "eine der wichtigsten Dinge", die angegangen werden müssten.
Die Staatsanwaltschaft "sträubt sich nicht dagegen", erwidert Jochen Fabricius von der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt auf dem Fachtag. "Dafür müsste das Betäubungsmittelgesetz und die Strafprozessordnung geändert werden." Denn wegen des Legalitätsprinzips müsste die Staatsanwaltschaft bei einem Verstoß gegen das Gesetz ermitteln.
In der Schweiz hingegen gilt das Opportunitätsprinzip. Als Alternative könne Fabricius sich "eher" vorstellen – wenn der Bedarf nach den Drogen in den Einrichtungen wirklich bestehe –, die Zugänge zu Substituten wie Diamorphin niedrigschwelliger zu gestalten und, wenn möglich, sie auch für Crack anzubieten. "Die Versorgung sollte lieber durch einen Apotheker als durch Dealer in einer Einrichtung geschehen."
Die Sozialdezernentin betonte während des Fachtags abermals, dass Frankfurt nicht allein die große Anzahl an Drogenkonsumenten aus ganz Deutschland, vor allem aus Bayern, bewältigen und versorgen könne. Aber sie wolle an der akzeptierenden Drogenarbeit und der Harm Reduction festhalten. "Wir werden unsere Hilfen immer aus Sicht der Drogenkranken sehen. Und wir werden ihnen immer mit dem Respekt begegnen, den sie auch verdient haben", sagt Voitl. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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