Neue Hebesätze in Frankfurt: Manche Eigentümer müssen künftig mehr Grundsteuer zahlen, andere werden entlastet. Besonders groß sind die Unterschiede in Frankfurt.

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Das Beispiel des Mehrfamilienhauses an der Koselstraße im Frankfurter Nordend ist drastisch. 2113 Euro Grundsteuer jährlich musste der Eigentümer bisher zahlen. Von 2025 an wird für das Haus mit 991 Quadratmeter Wohnfläche mehr als das Doppelte fällig, nämlich 4663 Euro. Es gibt aber auch andere Fälle. Bei einem Mietwohngrundstück in Sossenheim halbiert sich die Belastung von 2046 Euro auf 965 Euro.

Beispielrechnungen der Eigentümervereinigung Haus & Grund weisen Steigerungen in zentralen Stadtteilen wie Westend, Bornheim oder Sachsenhausen aus. Auch in Bergen-Enkheim und Nieder-Erlenbach kann es zu einer höheren Belastung kommen. Entlastungen sind unter anderem in Neubaugebieten wie dem Europaviertel oder auf dem Riedberg zu erwarten.

Bescheide werden von 10. Januar an verschickt

Bisher basiert diese Einschätzung auf selbst errechneten Werten, denn die Bescheide an die 190.000 Steuerpflichtigen mit der exakten Höhe der Steuer verschickt das Kassen- und Steueramt der Stadt Frankfurt erst von 10. Januar an. Zuvor müssen die Stadtverordneten am 12. Dezember den Hebesatz für die Grundsteuer festlegen. Die Stadt will sich exakt an die Empfehlung des Landes halten und den Satz wählen, mit dem die Gesamteinnahmen aus der Steuer voraussichtlich nicht steigen.

Zuletzt waren es rund 220 Millionen Euro jährlich. Stimmen die Stadtverordneten zu, steigt der Hebesatz der für bebaute Grundsteuer relevanten Grundsteuer B am 1. Januar von 500 auf 854,69 Prozent. Bei der auf landwirtschaftliche Flächen erhobenen Grundsteuer A ändert sich der Hebesatz von 175 auf 317,62 Prozent.

Die Neuregelung wurde nötig, weil das Bundesverfassungsgericht 2018 die bisherige Berechnungsgrundlage für verfassungswidrig erklärte. Auch wenn die Gesamtbelastung in Frankfurt nicht steigen soll, wird es Gewinner und Verlierer geben. Stadtkämmerer Bastian Bergerhoff (Die Grünen) rechnet damit, dass sich bei der Grundsteuer B für rund 54 Prozent (91.000) der Steuerpflichtigen die Belastung verringert. Für etwa 46 Prozent (78.000) steigt sie, wie aus einer Vortragspräsentation des Kämmerers hervorgeht.

Steigerungsraten von bis zu 100.000 Prozent

In den Beispielrechnungen des Kämmerers tauchen Fälle mit Steigerungsraten von 10.000 oder gar 100.000 Prozent auf. Doch solche Extreme sind selten. Die meisten Erhöhungen betragen weniger als 500 Euro im Jahr. Auch wer entlastet wird, spart meist nur einen niedrigen dreistelligen Betrag.

Allerdings kann die Steuer in verschiedenen Stadtteilen zum Teil deutlich voneinander abweichen. Das liegt daran, dass der Bodenrichtwert einen wesentlichen Einfluss hat. Zwar hat das Land Hessen versucht, mit dem Flächen-Faktor-Verfahren den Einfluss der Bodenpreise zu dämpfen – mithilfe einer komplizierten Formel, bei der die dritte Wurzel eine Rolle spielt. Referenz ist jeweils der Durchschnittspreis in einer Gemeinde. Für Frankfurt bedeutet das: Grundstücke, deren Wert unter dem stadtweiten Durchschnitt von 1873 Euro je Quadratmeter liegt, werden niedriger besteuert, teure Immobilien entsprechend höher.

Nach Ansicht von Haus & Grund Frankfurt ergibt sich aus diesem Verfahren ein besonderes Problem für Frankfurt. Denn in keiner anderen hessischen Gemeinde seien die Unterschiede bei den Grundstückspreisen so groß wie dort. Während im Westend bis zu 10.000 Euro je Quadratmeter angesetzt werden, sind es am Stadtrand, etwa in Sindlingen, oft nur 750 Euro. Tendenziell dürften die Steigerungen gegenüber dem alten Modell in den teuren Stadtteilen deutlich höher sein als in günstigeren Lagen.

"Alle Grundstückseigentümer an der Infrastruktur beteiligen"

Pauschal lässt sich das allerdings nicht sagen. Es hängt unter anderem vom Baujahr ab. Für ältere Gebäude hat das Finanzamt den – nie aktualisierten – Einheitswert von 1964 herangezogen, bei neueren Häusern wurden aktuellere Werte angesetzt. Die Messbeträge haben die Finanzämter den Grundstückseigentümern bereits im vergangenen Jahr mitgeteilt. Aus diesen Bescheiden ging aber die Höhe der Steuer noch nicht hervor, da die Gemeinden ihren jeweiligen Hebesatz noch nicht festgelegt hatten. Dennoch war dieser Bescheid die einzige Möglichkeit, Widerspruch gegen die Steuer einzulegen.

Gregor Weil, Geschäftsführer von Haus & Grund Frankfurt, hält die Differenzierung nach dem Bodenwert nicht für sinnvoll. "Alle Grundstückseigentümer sollten sich unabhängig von der Lage an den Kosten der Infrastruktur einer Gemeinde beteiligen", sagt er. Da sich die Grundstückswerte konjunkturabhängig ändern, komme es außerdem zu Verzerrungen.

Nach 14 Jahren wird wieder neu berechnet

Die derzeit verwendeten Werte beruhen auf dem Stichtag 1. Januar 2022, als die Immobilienpreise auf dem Höhepunkt waren. Für das erwähnte Grundstück an der Koselstraße wurde ein Bodenrichtwert von 6800 Euro zugrunde gelegt. Zwei Jahre später wird es nur noch mit 5800 Euro bewertet. Tendenziell seien die Preise in teuren Lagen stärker gesunken als in günstigeren, so Weil. Das könnte sich auf die Grundsteuer auswirken, die aber erst nach 14 Jahren wieder neu berechnet wird.

Zudem hat die Grundsteuer Einfluss auf die Wohnkosten, da Vermieter sie auf die Mieter umlegen können – Mietervereine warnen bereits vor einer zusätzlichen Belastung. Haus & Grund hat nachgerechnet und kommt für das Mietshaus an der Koselstraße auf monatlich 39 Cent je Quadratmeter. Dabei gilt für das Nordend eine Milieuschutzsatzung, mit der eine zu große finanzielle Belastung der Mieter verhindert werden soll. Nach Ansicht Weils könnte die Stadt ein Signal setzen und mit einem niedrigen Grundsteuersatz die Wohnkosten senken.

Weil sich in Fällen wie diesem die Belastung deutlich erhöhen kann, haben die CDU und die Linke ein Härtefallkonzept gefordert. Dieses wird bis zur Stadtverordnetensitzung noch nicht vorliegen, wie Kämmerer Bergerhoff sagt. Das Grundsteuergesetz selbst sieht einen Teilerlass der Grundsteuer nur vor, wenn ein Grundstückseigentümer unverschuldet keine Mieteinnahmen hat – etwa bei einer Zahlungsunfähigkeit des Mieters oder einem Leerstand nach einem Brandschaden. Für eine drastisch höhere Belastung gibt es keine gesetzliche Regelung.

Ein Härteausfallausgleich sei daher nicht Sache der städtischen Finanzverwaltung, so der Kämmerer – sie könne die Steuer nicht reduzieren. Stattdessen sei es nur möglich, eine übermäßige Belastung in Einzelfällen über das Wohngeld auszugleichen. Mit einer Härtefallregelung befasse sich daher das Wohnungsamt.

CDU und Linke wollen dem neuen Hebesatz ohne Härtefallkonzept nicht zustimmen. "Wir halten das für unsozial", sagt CDU-Fraktionschef Nils Kößler am Dienstagabend im Haupt- und Finanzausschuss des Stadtparlaments. Mieter und Eigentümer müssten vor einer Überforderung geschützt werden. "Wir haben keine Patentlösung", räumt SPD-Fraktionschefin Ursula Busch ein. Den Steuersatz hat der Ausschuss mit Stimmen der Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt beschlossen.

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Große Unterschiede zwischen Stadtteilen

Die Unterschiede bei der Grundsteuer in Frankfurt werden am fiktiven Beispiel einer 90 Quadratmeter großen Eigentumswohnung in einem Zehnparteienhaus auf einem 500 Quadratmeter großen Grundstück deutlich. Mit 35 Cent je Quadratmeter fließt die Wohnfläche in die Berechnung ein. Die Grundstücksfläche wird auf alle Eigentümer verteilt und mit vier Cent je Quadratmeter angesetzt. Daraus ergibt sich ein Wert von 33,50 Euro. Dann wird der jeweilige Bodenrichtwert durch den stadtweiten Durchschnitt geteilt, und aus diesem Ergebnis wird die dritte Wurzel gezogen. Für die Beispielwohnung ergibt sich in Sindlingen ein Wert von 24,12 Euro, im Westend hingegen 58,29 Euro. Dieser Steuermessbetrag (den die Finanzämter schon verschickt haben), wird mit dem Frankfurter Hebesatz von 854,69 Prozent multipliziert. Der Sindlinger zahlt also 206 Euro im Jahr, der Westend-Bewohner hingegen 498 Euro.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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