Eröffnung der Buchmesse: Schütterer Applaus und ein Zwischenruf: Die Buchmesse beginnt mit Appellen an deutsche Haushaltspolitiker und Seitenhieben auf das Gastland Italien.

Mehr News aus Hessen finden Sie hier

Die Frankfurter Buchmesse ist mit Aufrufen zur Kulturförderung eröffnet worden. Sie gebe ihren Vorrednern recht, sagte Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Die Grünen): "Jetzt darf man nicht an der Kultur sparen. Helfen Sie mit, dass das auch bei den Entscheidenden ankommt." Zu ihnen zählt sich die Beauftragte der Regierung für Kultur und Medien, in deren Haushalt Fördergeld für Literatur und Übersetzung eingespart werden soll, offenbar nicht selbst.

Sie wisse, dass die Zeiten für Autoren, Übersetzer, Verleger und Buchhändler alles andere als einfach seien. "Das ist mir sehr bewusst." Sie habe in einer "schwierigen Haushaltssituation" für den Kulturhaushalt gekämpft, aber nicht erreicht, was sie sich wünsche. "Ich werde in den anstehenden parlamentarischen Beratungen weiterkämpfen, um mehr möglich zu machen."

Der Frankfurter Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) hatte zuvor den Ton gesetzt, indem er die Bücherschau als den Ort bezeichnete, an dem gemessen werde, wie es um die Gesellschaft stehe. Er verband diese Sicht mit einem Wink an den Bund: "In einer Welt, die zusammenwächst, ist es immer ein schlechtes Zeichen, wenn man an der Kultur spart."

Savianos mächtiges Schreiben

Aber auch die Vertreter des Buchmesse-Gastlandes Italien mussten sich Seitenhiebe gefallen lassen. Überall in Europa stünden die liberalen Demokratien unter Druck, sagte der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU). Gleichgültigkeit sei das Gift, das sie zum Siechtum verdamme.

Der 1992 von der Mafia ermordete Giovanni Falcone hingegen sei kein Gleichgültiger gewesen. Er habe als Untersuchungsrichter etwas getan, habe gehandelt: "Das Gleiche gilt für Roberto Saviano." Der Anti-Mafia-Autor und Kritiker der Regierung Meloni gehört zu denen, die der Schriftstellerdelegation des Gastlandes nicht angehören sollten. Nun kommt er trotzdem, aber auf Einladung deutscher Akteure. Savianos Schreiben sei mächtig, sagte Rhein: "Denn es stört die, die auf seine Gleichgültigkeit setzen."

Wunsch nach Frieden und Harmonie

Auf der Buchmesse präsentiere sich die italienische Buchbranche stark und pluralistisch, sagte der italienische Kulturminister Alessandro Giuli. Er betonte, er stehe auch als Mitglied der Meloni-Regierung für den Schutz der freien Meinungsäußerung ein. Der parteilose, aber in der radikalen politischen Rechten aufgewachsene Kulturjournalist, der sein Amt Anfang September angetreten hat, äußerte den Wunsch nach Frieden und Harmonie, "auch wenn es Dissens gibt".

Vor Beginn seiner Rede hatte Giuli sich einen Zwischenruf gefallen lassen müssen. "Nach diesen Reden einen italienischen Populisten einzuladen", rief ein Besucher in den ersten Reihen auf Deutsch, das passe nicht zusammen. Der Zwischenruf richtete sich damit vor allem gegen die Buchmesse, die ihre Gastländer mit mehreren Jahren Vorlauf auswählt. Sie kann sich nicht aussuchen, welche Regierung zum Zeitpunkt des Ehrengastauftritts amtiert. Schon beim Einzug Giulis und Roths in das Kongresszentrum der Messe Frankfurt hatte es nur schütteren Applaus gegeben.

Man erwarte viel von der Literatur, sagte Buchmessendirektor Juergen Boos, der den Friedenspreisträger des Jahres 2023, Salman Rushdie, zitierte. Das Besondere an der Literatur sei, dass sie keinen Nutzen habe. Sie könne alles, müsse aber nichts.

Interessieren Sie die Artikel der F.A.Z.?
Uneingeschränkter Zugriff auf diesen und alle weiteren zahlungspflichtigen F+ Inhalte auf FAZ.NET. Jetzt Abo abschließen.

Zur Eröffnung der Buchmesse haben die Veranstalter am Dienstag die Bundesregierung dazu aufgefordert, die Urheberrechte von Künstlern im Zeitalter Künstlicher Intelligenz besser zu schützen. "Die Fähigkeiten dieser Systeme beruhen auf dem größten Datenklau der Geschichte", sagte Börsenvereinsvorsteherin Karin Schmidt-Friderichs. Urheberrechtlich geschützte Texte und Bilder seien ohne Einverständnis und Honorarzahlung genutzt worden und würden es weiter: "Wir brauchen klare Regeln."  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.