Die Evangelische Kirchengemeinde Hennef hatte zur Podiumsdiskussion mit vier Bundestagskandidaten eingeladen.
Indes ging die erste Frage an die Besucherinnen und Besucher: "Über welche Themen reden wir heute Abend?" An einer Stellwand konnten jede und jeder per Filzstift-Strich zwei aus sechs Vorgaben wählen. An erster Stelle landete "Zukunft der Demokratie".
Damit rückte die Partei in den Fokus, deren Kandidat nicht eingeladen worden war. Zur viel zitierten Brandmauer zur AfD sagte Elisabeth Winkelmeier-Becker (62, CDU), dass sich zwischen Union und Rechtspopulisten Gräben befänden. "Da ist keine Zusammenarbeit denkbar, da geht es um die Seele der CDU."
SPD-Kandidat sieht sehr hohe Hürden für ein AfD-Parteiverbot
Von der Strategie, Rechte an den Kabinettstisch zu lassen, damit sie sich dort entzauberten, hält Sebastian Hartmann (47, SPD) nichts. Das zeige das Beispiel Österreich. Auch ein Parteiverbot sieht er wegen "sehr hoher Hürden" skeptisch. "Wir müssen das als demokratische Parteien anders austragen, wir gehen in den Diskurs."
"Ich befürworte es explizit, AfD-Kandidaten zu solchen Podiumsdiskussionen einzuladen", sagte Niko Gräfrath (29, FDP). Dann könne man sie aus ihrer Opferrolle, von der sie immer profitierten, herausholen in die sachliche Auseinandersetzung.
Zur Klimapolitik, dem zweitplatzierten Thema, hätte Rebecca Stümper (38) sicher viel zu sagen gehabt. Die Grünen-Kandidatin musste jedoch krankheitsbedingt ihre Teilnahme an der Runde absagen. Die beiden Moderatoren, Dr. Stefan Heinemann und Ralf Rohrmoser-von Glasow, der eine Pfarrer, der andere Redakteur dieser Zeitung, fühlten den anderen drei Podiumsgästen mit individuell zugeschnittenen Fragen auf den Zahn. "E-Auto, Verbrenner oder auch ein Oldtimer – lassen Sie das mal den Verbraucher entscheiden", antwortete Gräfrath auf die Frage, ob sich nur Reiche neue Technologien beim Automobil leisten könnten.
Sie persönlich habe kein Problem mit Windkraft, sagte Winkelmeier-Becker. "Wir brauchen die Energiewende und die neuen Energien, Punkt!" Zur Erreichung des Klimaziels setze die CDU aber auf deutlich mehr Technologie-Offenheit und wolle bei der Atomkraft die Forschung aufrechterhalten. "Nicht weiter in eine Kernfusion-Lösung zu investieren, halte ich für einen Fehler."
"An den Erneuerbaren Energien geht nichts vorbei", sagte Hartmann. Das Deutschland-Ticket sei mit jetzt 58 Euro zu teuer, mit einer Kaufprämie könne man wieder den Absatz von in Deutschland produzierten E-Autos ankurbeln. Auch sprach sich Hartmann dafür aus, die Klimageld-Idee wieder aufleben zu lassen, da die CO₂-Bepreisung die Menschen ganz unterschiedlich belaste. "Ich will nicht Verzicht für viele und Vorteile für wenige Reiche."
Gruseln über US-Präsident Donald Trump
Am Tag seiner Amtseinführung kam auch in der Hennefer Veranstaltung die Sprache auf US-Präsident
"Das fand ich gruselig, da habe ich geschluckt", bekannte Gräfrath. Mit seiner Forderung stelle sich Trump in eine Reihe mit Putin und China, die Anspruch auf die Krim und die Ukraine beziehungsweise Taiwan erhöben, sagte Winkelmeier-Becker. "Damit verlässt er den Konsens der westlichen Welt." Hartmann leitete aus Trumps Haltung ab, dass mehr europäische Kooperation nötig sei. Und: "Wir müssen die führende Rolle in Europa übernehmen."
Nicht mehr zum Zuge kamen die Themen Rente/Sozialpolitik, Migration und Paragraf 218. Die Kirchengemeinde will eine Videoaufzeichnung des Abends auf ihrem Youtube-Kanal "Evangelisch in Hennef" veröffentlichen. Dort soll sie ab Mittwoch zu sehen sein.
Sätze mit Willy Brandt, Konrad Adenauer und Joschka Fischer
Sozusagen als Auflockerungsübung hatten die Moderatoren die drei Podiumsgäste gebeten, jeweils einen Satz zu vollenden, in dem einstige Politgrößen eine Rolle spielten. Das kam dabei heraus: "Mit Joschka Fischer hätte ich gern" . . . (Niko Gräfrath) "ein gemeinsames Abendessen eingenommen." "Mit Konrad Adenauer wäre ich gern" . . . (Sebastian Hartmann) "den Rhein raufgefahren und hätte mit ihm für Bonn geworben." "Mit Willy Brandt hätte ich gern" . . . (Elisabeth Winkelmeier-Becker) "eine Nacht durchgetanzt." © Kölner Stadt-Anzeiger
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