Erwecken Podiumsdiskussionen an Schulen, mit den Vertretern aller relevanten Parteien, "den Anschein politischer Einflussnahme", wenn sie keine sechs Wochen vor einer Wahl stattfinden?
Das Schulministerium NRW hatte wohl Bedenken, dass Schulen ihrer Neutralitätspflicht nicht nachkommen, wenn die Gesprächsrunden nach diesem Zeitpunkt stattfinden, und wies in einem Schreiben an alle Schulen darauf hin, dass dieses Abstandsgebot eingehalten werden sollte.
Gerade bei der anstehenden Bundestagswahl war die Zeit für solche Veranstaltungen allerdings sehr begrenzt und Schulministerin Dorothee Feller (CDU) wurde für das Schreiben viel kritisiert. Auch wenn das Ministerium zeitnah einlenkte und verkündete, dass das Schreiben nicht als Verbot für Podiumsdiskussionen gedacht gewesen sei, wurden unter anderem in Oberberg einige Veranstaltungen abgesagt.
PKG Overath verschiebt Termin nicht
Das Paul-Klee-Gymnasium (PKG) Overath ließ sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen. Die Schule hat ihre Podiumsdiskussion einige Tage vor der Wahl angesetzt, weil es zeitlich vorher gar nicht umzusetzen gewesen wäre, berichtet Tobias Goeke. Der Lehrer hat die Veranstaltung organisiert und schon viel Aufwand und Zeit in die Vorbereitung gesteckt.
"Ich war erleichtert, dass das Ministerium eingelenkt hat. Es wäre sehr ärgerlich gewesen, wenn wir die Podiumsdiskussion hätten absagen müssen", findet er. Den Termin habe die Schule vor den Weihnachtsferien festgelegt, da stand der Wahltermin noch nicht fest. Sie hätte es auch nicht leisten können, die Veranstaltung vorher zu organisieren.
Gymnasium in Overath hat Frist auch vorher nicht eingehalten
Außerdem sei ihm die Regelung neu, dass die Gesprächsrunden nur bis sechs Wochen vor der Wahl stattfinden dürfen. In den vergangenen Jahren habe die Schule den Abstand nie eingehalten.
Oft sei es einfach ein zeitliches Problem gewesen, den Termin so genau vor einer Wahl abzupassen, zum anderen hätten die Schülerinnen und Schüler mehr von der Veranstaltung, wenn sie noch präsenter im Kopf sei und nicht anderthalb Monate zurückliege.
Lehrer sieht Veranstaltung nicht als "Einflussnahme"
Goeke sehe in einer Podiumsdiskussion, die weniger als sechs Wochen vor einer Wahl stattfindet, keine "politische Einflussnahme", wie es in dem ersten Schreiben des Ministeriums hieß: "Ich habe mich darüber gewundert. Es ist ja eine bunte Runde mit allen Direktkandidaten aus den Parteien, die gerade im Bundestag vertreten sind", schildert er.
Das sei doch eigentlich das Gegenteil einer Einflussnahme, da das gesamte Spektrum abgebildet werde und alle die gleiche Gelegenheit und Zeit bekämen, ihre Standpunkte zu vertreten. Nur eine Elternmail habe die Schule zu dem Schreiben der Ministerin erhalten, einen Aufruhr habe es also nicht gegeben. Das liege sicherlich daran, dass das Ministerium schnell auf die Kritik aus der Öffentlichkeit reagiert habe.
Wie an anderen Schulen auch, organisieren am PKG Schülerinnen und Schüler aus dem Kurs Sozialwissenschaften die Veranstaltung mit. "Die ist bei den Schülern mittlerweile gewünscht. Das hat sich in den vergangenen Jahren gut eingespielt, weil die älteren Schüler die Podiumsdiskussionen von den letzten Wahlen noch kennen", berichtet Goeke. Die Lehrerinnen und Lehrer hätten nach den Veranstaltungen gute Erfahrungen damit gemacht, die Aussagen der Politiker nachher im Unterricht auszuwerten.
Das sei auch für die anstehende Podiumsdiskussion geplant. "Wir besprechen dann beispielsweise, was und mit welcher Intention die Gäste gesagt haben", erklärt Goeke. Auch das sei eher das Gegenteil von Einflussnahme, also Aufklärung. © Kölner Stadt-Anzeiger
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