Mit beeindruckender Regelmäßigkeit gelingt es der CDU in der Hellenthaler Gemeindevertretung, mit Ideen zur Schulpolitik ihre Ratskollegen aus der Fassung zu bringen und deren Puls in die Höhe zu treiben.
Am Dienstag stellten die Christdemokraten in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses damit sogar die Diskussion über den wegen der steigenden Kreisumlage aus den Fugen geratenen Haushalt in den Schatten.
Hintergrund ist, dass eine Ratsmehrheit sich von den Argumenten der Schulrätin und der Grundschulrektorin hatte überzeugen lassen, die den Bau einer neuen Grundschule als unumgänglich für eine fachgerechte Beschulung der Hellenthaler Kinder darstellten. Die CDU-Fraktion, die schon einmal mittels Bürgerentscheid eine Veränderung der Schullandschaft verhindert hatte, akzeptiert dagegen die Kosten eines Neubaus nicht, die ihrer Schätzung nach 30 bis 35 Millionen Euro betragen würden.
Die Leiter der Hellenthaler Schulen widersprachen der CDU
So schlugen die CDU-Ratsvertreter in einer Sitzung des Schulausschusses vor, wegen zu niedriger Schülerzahlen das Auslaufen der Hauptschule zu prüfen, damit dann deren Gebäude für die Grundschule genutzt werden könne. Dem widersprachen die Rektoren der Hellenthaler Schulen in einer Ausschusssitzung: Das Gebäude sei nicht geeignet. Die anderen Fraktionen lehnten den Prüfungsantrag ab.
Was die CDU-Fraktion nicht davon abhielt, in der Haushaltssitzung genau diesen Antrag erneut zu stellen. Doch diesmal setzte der Fraktionsvorsitzende Armin Holzem noch eins drauf, indem er die Astrid-Lindgren-Förderschule als mögliche ortsnahe Beschulungsalternative für die Hellenthaler Hauptschüler ins Gespräch brachte.
Die CDU befürchtet, dass Hellenthal sich übernehmen könnte
Mindestens 40 Millionen Euro Baukosten, so schätzt die CDU-Fraktion, seien für die geplanten Investitionen in den Neubau der Grundschule und den geplanten Rathausanbau notwendig, was zu viel sei für eine kleine Kommune wie Hellenthal. Noch immer sehe die CDU Handlungsbedarf in der Frage, das Auslaufen der Hauptschule zu prüfen, bevor die Bezirksregierung die Schule schließe.
Dem Argument, dass es für die Hellenthaler Hauptschüler kein vergleichbares ortsnahes Angebot gebe, versuchte Holzem nun mit der Förderschule als Ausweichmöglichkeit die Kraft zu nehmen: "Da die Astrid-Lindgren-Schule in Schleiden, bei der die Gemeinde Hellenthal auch Träger ist, auch einen Hauptschulzweig hat, wo man die Abschlüsse Erster Schulabschluss, Erweiterter Erster Schulabschluss und Mittlerer Schulabschluss erlangen kann", deutete er laut Redemanuskript an, das der Redaktion vorliegt, ohne weiter konkret zu werden.
Doch den anderen Fraktionen reichte das schon. Besonders Heinz-Bert Weimbs (SPD) zeigte sich fassungslos: "Ihr behandelt unsere Hauptschüler wie Dreck", schimpfte er und wurde dabei auch laut: "Die Hauptschule scheint euch egal zu sein, jetzt wollt ihr die Hauptschüler auf die Förderschule schicken! Ihr habt eine Bildungspolitik, die ist doof und peinlich", sagte er.
Auch Gunter Echtle (Grüne) und Frank Westerburg (UWV) zeigten sich schockiert. "Das ist ein Schlag ins Gesicht. Es ist nicht zu verstehen, wie man überhaupt auf den Gedanken kommen kann", räsonierte Westerburg. Vor kurzem sei doch die Rektorin im Schulausschuss gewesen, die gerade in Düsseldorf noch für ihre Arbeit gelobt worden sei.
"Die Leute in Düsseldorf müssen doch denken, wir hätten nicht alle Tassen im Schrank, ich begreife das nicht", so Westerburg. Ähnlich Peter Rauw (FDP): "Sie treten die Hauptschüler ins Gesicht, so kann man in einer Gemeinde keine Bildungspolitik betreiben", warf er der CDU vor.
"Ich bin schlicht erschrocken, um nicht zu sagen: entsetzt", so Bürgermeister Rudolf Westerburg, der auch den Vorsitz im Förderschulzweckverband Schleiden, Kall und Hellenthal hat. Der Gedankengang, den die CDU skizziert habe, sei unvorstellbar, ihm bleibe die Spucke weg. Mit allem könne man umgehen, aber nicht damit, alle Schüler in einen Topf zu werfen, womit man niemandem gerecht werde.
Die Förderschule sei doch nur ein Beispiel gewesen, bemühte sich Ralf Lehmert, als Ratsvertreter auch im Förderschulzweckverband, darum, die Gemüter zu beruhigen. Es sei nur um eine Prüfung gegangen, ob ein Auslaufen der Hauptschule möglich sei. "Wer das prüfen lassen will, der will die Hauptschule auch schließen", entgegnete FDP-Mann Rauw. Und Bürgermeister Westerburg packte es in eine Metapher: "Wer den Hammer fordert, der will ihn auch fallen lassen."
Der Antrag der CDU-Fraktion, die Möglichkeit des Auslaufens der Hellenthaler Hauptschule prüfen zu lassen, der bereits im Schulausschuss erfolglos gewesen war, wurde auch im Haupt- und Finanzausschuss von der Mehrheit der Mitglieder abgelehnt.
Eine Schreckensnachricht und eine Unbekannte
Durch den Streit um die Hellenthaler Schulpolitik geriet die Diskussion um den Haushalt fast zur Nebensache. Ein Defizit von 1,957 Millionen Euro hat Kämmerin Ramona Hörnchen in ihrem Haushaltsplan errechnet.
Eine Schreckensnachricht und eine Unbekannte gebe es dabei, sagte Bürgermeister Rudolf Westerburg bei der Vorstellung des Haushalts. Von 7,54 Millionen Euro 2024 sei die Kreis- und Jugendamtsumlage für die Gemeinde Hellenthal auf 9,54 Millionen Euro angestiegen. Es entstehe der Eindruck, dass Kreisverwaltung und Kreistag sich vieles einfach machten. "Andere zahlen das ja", sagte er. Dabei kritisierte er auch den steten Personalzuwachs in der Kreisverwaltung mit deutlich höheren Vergütungen als in den Rathäusern.
Eine Unbekannte sei dagegen die Grundsteuer, bei der noch viele Fragen offen seien. In Hellenthal würden deshalb in diesem Jahr die Grundsteuerbescheide getrennt versendet, um die Rechtskraft der übrigen Bescheide nicht zu gefährden.
Die wichtigsten Investitionen seien der Neubau der Grundschule und der Rathausanbau. Der Anbau sei unbedingt nötig, betonte er. Ebenso müsse der Bau der Grundschule in 2025 zügig vorangetrieben werden.
Gegen die Stimmen der CDU stimmte der Haupt- und Finanzausschuss dem Haushalt zu. Einstimmig wurden dagegen die neuen Hebesätze verabschiedet. So liegt die Grundsteuer A bei 370 Prozent, die Grundsteuer B1 bei 1220 Prozent und B2 bei 750 Prozent. Die Gewerbesteuer bleibt bei 490 Prozent. (sev) © Kölner Stadt-Anzeiger
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