Erfurt - Thüringens Abschiebehaftplatz in Rheinland-Pfalz ist im vergangenen Jahr häufiger genutzt worden als in den Jahren zuvor.

Mehr News aus Thüringen finden Sie hier

Nach Zahlen des Migrationsministeriums waren im Jahr 2024 an 378 Tagen ausreisepflichtige Ausländer aus Thüringen in der Einrichtung inhaftiert. Neben dem dauerhaft gemieteten Platz musste also teils noch ein weiterer in Anspruch genommen werden.

Thüringer Platz an vielen Tagen unbelegt

Die Jahre zuvor sah das noch ganz anders aus: 2023 und 2022 war der eine Thüringer Haftplatz an vielen Tagen nicht mit aus dem Freistaat abzuschiebenden Personen belegt. Im Jahr 2022 blieb er ausweislich der Antwort des Ministeriums etwa die Hälfte des Jahres ungenutzt - nur an 185 von 365 Tagen sei der Platz belegt gewesen, sagte der Sprecher. Im Jahr 2023 war die Auslastung etwas höher. Damals warteten dort an 224 von 366 Tagen Menschen auf ihre Abschiebung.

In Thüringen gibt es derzeit keine eigenen Abschiebehaftplätze. Deshalb hat das Land in der sogenannten Gewahrsamseinrichtung für ausreisepflichtige Ausländer (GfA) im rheinland-pfälzischen Ingelheim dauerhaft einen Haftplatz gemietet. Dort können Menschen untergebracht werden, die zwar in Thüringen leben, aber aus Deutschland abgeschoben werden sollen.

Justizministerin sieht mehr Bedarf

Thüringens Justizministerin Beate Meißner (CDU) bekräftigte, dass der Freistaat aus ihrer Sicht eigene Abschiebehaftplätze für Menschen ohne Bleiberecht brauche. "In Thüringen ist ein Richtungswechsel in der Migrationspolitik notwendig", erklärte sie. Abschiebehaft sei die letzte Option und werde nur richterlich angeordnet, wenn die Abschiebung ohne Haft erheblich erschwert oder verhindert würde. Der eine Abschiebehaftplatz für Thüringen in Rheinland-Pfalz entspreche nicht dem tatsächlichen Bedarf. "Die Notwendigkeit eigener Plätze bestätigen uns Rückmeldungen aus den Kommunen, die diese nutzen würden, wenn es sie in Thüringen gäbe", erklärte sie.

Nach Ansicht der Linke-Abgeordneten Katharina König-Preuss ist Abschiebehaft "Freiheitsentzug für Menschen, die keine Straftat begangen haben". Abschiebehaft bringe teils schwerwiegende psychische und körperliche Belastungen für die Betroffenen mit sich. "Statt echte Lösungen zu finden, setzt die Landesregierung auf Abschottung und Abschreckung", kritisierte König-Preuss. Die Brombeer-Koalition müsse "diese inhumane Praxis beenden, anstelle sie auszuweiten", forderte sie.

Neue Regierung will eigene Abschiebehaftplätze

Zwischen 2022 und 2024 waren den Angaben nach insgesamt 40 ausreisepflichtige Flüchtlinge aus Thüringen in Ingelheim untergebracht worden. Dafür waren beim Land Kosten zwischen etwa 161.000 und 174.000 Euro pro Jahr entstanden. In diesen Summen sind auch die Vorhaltekosten für die Tage enthalten, an denen der Abschiebehaftplatz nicht in Anspruch genommen wurde.

Die Thüringer Brombeer-Koalition will mehrere Abschiebehaftplätze schaffen, die im Freistaat selbst liegen sollen. Zwar solle die Einwanderung von Fachkräften gefördert werden, heißt es im Koalitionsvertrag des Bündnisses aus CDU, BSW und SPD. "Gleichzeitig sorgen wir für eine Beschleunigung der Asylverfahren sowie die konsequente Durchsetzung des Ausweisungsinteresses bei straffällig gewordenen Ausländerinnen und Ausländern", steht dort ebenfalls. Dies gelte auch für Flüchtlinge, die die Behörden über ihre wahre Identität getäuscht hätten. "Zudem werden wir eigene Abschiebehaftplätze für Ausreisepflichtige schaffen."

Ob die Schaffung mehrerer eigener Thüringer Abschiebehaftplätze weniger kosten wird als die Anmietung des Platzes in Ingelheim, ist allerdings noch unklar. Mit welchen Kosten das Ministerium pro Abschiebehaftplatz rechne, wenn diese nun beispielsweise in einem Thüringer Gefängnis eingerichtet würden, konnte der Sprecher des Ministeriums nicht sagen. "Hierzu kann noch keine belastbare Aussage getroffen werden."  © Deutsche Presse-Agentur

Nachrichten aus anderen Regionen
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.