Unklare Gesamtkosten: An diesem Donnerstag beschließt das Frankfurter Stadtparlament ein teures Grundstücksgeschäft für die Städtischen Bühnen. Kritik daran wird überwiegend außerhalb des Rathauses geäußert.
Das Grummeln in der CDU ist deutlich zu vernehmen. Nicht alle Fraktionsmitglieder sind einverstanden mit dem Ansinnen, 210 Millionen Euro auszugeben für ein Erbbaurecht an einem Grundstück der Sparkasse im Bankenviertel, auf dem ein neues Schauspielhaus gebaut werden soll.
Am Ende kommt es auf die Stimmen der CDU nicht an, die Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt wird das Vorhaben auch ohne Unterstützung der Opposition durchziehen. Doch die CDU wird zustimmen. Zu groß erscheint ihr das Risiko, bei ihrer kulturaffinen Wählerschaft als Gegner des Neubaus von Schauspiel und Oper wahrgenommen zu werden.
Dabei ist die Entscheidung für die Stadtverordneten ein Blindflug. In der Vorlage von Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD), über die das Stadtparlament jetzt entscheidet, wird zwar eine Aktualisierung der Kostenschätzung angekündigt. Doch derzeit liegt sie noch nicht vor. Dabei ist der Kostenvergleich eine wesentliche Grundlage für die Abwägung der verschiedenen Varianten, die bisher zumindest theoretisch immer noch zur Auswahl standen.
Rund 300 Millionen Euro teurer als andere Variante
Dieser Vergleich ergab zum Stand Dezember 2022 leichte wirtschaftliche Vorteile für die sogenannte Kulturmeile mit getrennten Neubauten an der Neuen Mainzer Straße im Bankenviertel und am Willy-Brandt-Platz. Nicht bekannt und deshalb auch nicht eingerechnet waren die Kosten für das Grundstück.
Zu den rund 1,3 Milliarden Euro müssen deshalb auf jeden Fall die 210 Millionen Euro für das Erbbaurecht hinzugerechnet werden – Kosten, die bei einem Neubau am alten Standort am Willy-Brandt-Platz nicht anfallen würden. Auch ist der Ankauf eines 37,4 Millionen Euro teuren Grundstücks an der Gutleutstraße noch nicht berücksichtigt. Dort soll ein Übergangsquartier für die Zeit der Bauarbeiten entstehen. Das jedoch ist bei allen Varianten nötig.
Die Initiative "Zukunft Bühnen Frankfurt", in der sich Anhänger des bestehenden Bühnengebäudes am Willy-Brandt-Platz zusammengeschlossen haben, hat versucht, den Variantenvergleich mit öffentlich bekannten Zahlen sowie eigenen Schätzungen und Annahmen zu aktualisieren. Demnach kommt die Variante Kulturmeile mittlerweile auf insgesamt rund 1,6 Milliarden Euro und ist damit nach Darstellung der Initiative rund 300 Millionen Euro teurer als ein Neubau am Willy-Brandt-Platz.
Sie argumentiert zudem, dass bei einer Entscheidung für die Kulturmeile das Bestandsgebäude sechs Jahre länger genutzt werden müsste. Dadurch steige das Kostenrisiko. Die Neue Mainzer Straße hält die Initiative, der unter anderem Architekten und Kulturschaffende angehören, wegen des hohen Verkehrsaufkommen für einen wenig attraktiven Standort.
Keine Landesmittel für den Bühnen-Neubau
"Wie die 300 Millionen Euro Mehrkosten für eine städtebaulich schlechtere Variante finanziert werden sollen, ist unklar", heißt es in einer Stellungnahme. Generell sei die Finanzierung des Gesamtprojekts unklar. In Hartwigs Vorlage findet sich dazu keine Aussage.
Die Fraktion Die Linke fordert den Magistrat in einem Antrag auf, ein Finanzierungskonzept vorzulegen, "welches das Land Hessen und die Bundesregierung mit in die Verantwortung nimmt". Allerdings muss Hessens Finanzminister Alexander Lorz allein im Haushalt 2025 rund 1,75 Milliarden Euro einsparen.
Frankfurt hingegen hat derzeit kein Einnahmeproblem. Erst am vergangenen Dienstag verkündete Stadtkämmerer Bastian Bergerhoff (Die Grünen), dass die für dieses Jahr veranschlagten Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 2,9 Milliarden Euro voraussichtlich um 150 Millionen Euro übertroffen werden.
Solche Zahlen haben zur Folge, dass Frankfurt als "abundant" gilt. Dieser Begriff aus der Fachsprache bedeutet, dass die Mainmetropole in den Augen der Aufsichtsbehörde mehr als genug Einnahmen hat – zumindest deutlich mehr als andere hessische Kommunen. Vor diesem Hintergrund erscheint es unwahrscheinlich, dass Landesmittel in den Bühnen-Neubau fließen.
Grundstücksgeschäft: "Unangemessen und viel zu hoch"
In den Augen des Bundes der Steuerzahler in Hessen handelt es ohnehin um ein "Prestigeprojekt", das eine enorme finanzielle Belastung für die Stadt darstelle. Es brauche "zumindest ein angemessenes Kostenmanagement mit einer strikten Kostenkontrolle, um ein völliges finanzielles Desaster zu verhindern", heißt es in der "Hessen-Zeitung" des Bundes der Steuerzahler.
Die externe Kritik stößt im Rathaus nur auf wenig Resonanz. Nur die vierköpfige Fraktion Ökolinx-ELF um die Stadtverordnete Jutta Ditfurth meldete sich in dieser Woche zur Wort und sprach von einer "historischen Fehlentscheidung", die es zu vermeiden gelte. "Die Variante Kulturmeile ist extrem teuer und verletzt ohne Not das Prinzip der Nachhaltigkeit", heißt es in einem Antrag, mit dem die Fraktion versucht, den Willy-Brandt-Platz doch noch als Standort einer Theater-Doppelanlage zu retten.
Dass dieses Ansinnen eine Mehrheit findet, ist nicht anzunehmen – die Koalitionsfraktionen von Grünen, SPD, FDP und Volt haben sich eindeutig festgelegt. Für die Stadt geht es dabei auch um Verlässlichkeit. Denn die Sparkasse, auf deren Grundstück das neue Schauspiel entstehen soll, ist bereits in Vorleistung getreten und hat für ihre Zentrale bereits ein halb fertiges Bürogebäude an der Hauptwache gekauft.
Der Umzug wird ihr durch das Grundstücksgeschäft mit der Stadt ganz erheblich erleichtert: Denn von den 210 Millionen Euro für das Erbbaurecht entfallen 69,2 Millionen allein auf die Entschädigung für die Ausfall- und Umzugskosten der Sparkasse.
Dieser Betrag sei "unangemessen und viel zu hoch", findet die Linke. Die Ökolinx-Fraktion vermutet, dass von der Vereinbarung nur die Sparkasse und ihre Muttergesellschaft, die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), profitieren. "Wenn die Helaba derart glücklich mit der Lösung ist, hat der Magistrat etwas falsch gemacht." © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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