"Es ist fünf vor zwölf!" Mit diesen eindringlichen Worten eröffnete Tomás M. Santillán (Die Linke) die Mahnwache am Trotzenburgplatz, mitten in der Gladbacher Fußgängerzone.

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Er erinnerte daran, dass vor etwa einem Jahr über 1500 Menschen hier zusammengekommen waren, um gegen die Abschiebungspläne der AfD zu protestieren. "Heute haben wir nur zehn Personen angemeldet, doch nun sind es fast 200 geworden", fügte er selbstbewusst hinzu.

Santillán ist überzeugt, dass Abschiebungen keine Kosten senken werden: Im Gegenteil, die Vorschläge dazu seien kein Zukunftsprojekt, sondern Sabotage. Der Anlass für die kurzfristig organisierte Mahnwache war der Fünf-Punkte-Plan zur Verschärfung der Migrationspolitik der Union, der am Mittwoch mit den Stimmen der AfD im Bundestag angenommen worden war.

Zweifel am CDU-Kandidaten

"Am Vormittag habe ich noch an der würdigen Holocaust-Gedenkfeier im Plenarsaal teilgenommen", berichtete der Bundestagsabgeordnete Maik Außendorf (Grüne). Die demokratischen Parteien wollten eigentlich den "Faschisten" keine Möglichkeit bieten mitzuwirken.

Bisher habe er CDU-Chef Friedrich Merz in diesem Punkt vertraut, doch nun zitierte er Stephan Neher (CDU), den Oberbürgermeister von Rottenburg, der über Merz sagte: "Es ist schon an seiner Fähigkeit als Kanzler zu zweifeln." Zum Abschluss seiner kurzen Rede rief Außendorf alle demokratischen Parteien auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Hinrich Schipper, Bundestagskandidat der SPD, zeigte sich entsetzt über das aus seiner Sicht historische Ereignis: "Zum ersten Mal haben Rechtsradikale für einen Beschluss einer demokratischen Partei im Bundestag mitgestimmt." Eigentlich, so Schipper weiter, hätten "Faschisten" in einer Demokratie keine Chance.

Appel von Hinrich Schipper

An die CDU richtete er den eindringlichen Appell: "Spielt nicht mit unserer Demokratie!" Unter großem Applaus rief er den Teilnehmern der Mahnwache zu: "Wir sind die Brandmauer." Viele Demonstranten teilten diese Ansicht. So war auf einem Plakat von "Terres des Hommes" zu lesen: "Jedes Kind zählt, egal, woher es kommt."

Auch die Aussage "Nie wieder ist jetzt" war häufig zu sehen. Sylke Heisterhagen, Co-Sprecherin von "Die Linke" im Rheinisch-Bergischen Kreis, war kurzfristig für die erkrankte Hale Bagherzadeh aus dem Integrationsrat Bergisch Gladbach eingesprungen. Sie erinnerte in ihrer Ansprache daran: "Hass hat noch nie etwas zum Besseren gewendet."

Heftige Debatten

Am Rande der Mahnwache kam es zu hitzigen Diskussionen einiger Teilnehmer mit Unterstützern der AfD. Bevor diese eskalierten, griff ein besonnener Polizeibeamter ein, der mit Ruhe und Fingerspitzengefühl die Situation beruhigte. Die Diskussion ging weiter, aber augenscheinlich deutlich sachlicher.

"Keine Zusammenarbeit mit der AfD!" forderten auch rund 25 Bürgerinnen und Bürger bei einer Mahnwache vor dem Geno-Hotel in Rösrath-Forsbach, wo FDP-Chef Christian Lindner bei einer Wahlveranstaltung der Partei sprach.

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Der Protest galt dem Abstimmungsverhalten auch der FDP im Bundestag bei den Anträgen der CDU/CSU zur Migration. "Wir wollen unseren Unmut äußern, dass demokratische Parteien mit der AfD abgestimmt haben", so Teilnehmerin Jennifer Wagner.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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