Saarbrücken - Das US-Unternehmen Wolfspeed verschiebt den Bau einer im Saarland geplanten Chipfabrik auf unbestimmte Zeit.

Mehr News aus Saarland finden Sie hier

Das teilte die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) in Saarbrücken mit. "Das Projekt ist damit nicht ad acta gelegt, aber es ist auf der Zeitachse eben auf einen unbestimmten Zeitpunkt weiter nach hinten geschoben, vor allem in Abhängigkeit der sich entwickelnden Marktlage." Wolfspeed stehe aber weiterhin zu dem Standort Ensdorf, sagte Rehlinger.

Die "Unsicherheiten, die sich jetzt um die Investition bei Wolfspeed ergeben haben", seien "ein Rückschlag für das Saarland" und auch "ein Rückschlag für den Strukturwandel im Saarland". Es zeige sich darin die schwierige Marktlage um die E-Mobilität in Deutschland und in Europa.

"Wir erleben die Automobilwirtschaft in schwerem Fahrwasser mit einer wirklich tiefgreifenden Verunsicherung, was die Marktsituation angeht", sagte Rehlinger. Bei den Chipfabriken gebe es eine ähnliche Situation: "Sie hängen ja mit ihren Produkten eben auch sehr vom Automobilsektor und von der Elektromobilität ab."

600 Arbeitsplätze geplant

Der Bau der geplanten Chipfabrik des US-Unternehmens Wolfspeed hatte sich zuletzt verzögert. Im Juni dieses Jahres hieß es, mit dem Baubeginn auf dem Gelände eines ehemaligen Kohlekraftwerks sei erst 2025 zu rechnen. 2023 hatte Wolfspeed noch gesagt, man wolle so schnell wie möglich beginnen. Nach früheren Angaben sind Investitionen von rund 2,7 Milliarden Euro und mindestens 600 Arbeitsplätze geplant.

Der US-Konzern hatte bei der Vorstellung der Pläne Anfang 2023 in Ensdorf erklärt, das Werk solle die weltweit größte Fabrik für Halbleiter aus Siliziumkarbid werden. Mit Halbleitern können Elektroautos schneller laden und weiter fahren. Der Markt der E-Mobilität habe sich aber anders entwickelt als geplant, hieß es nun aus Kreisen. "Wir haben uns mehr erhofft."

Noch zwei Drittel der Fläche frei

Gleichzeitig machte Rehlinger auch deutlich, dass es nicht erforderlich sei, dem Unternehmen eine bestimmte Frist zu setzen, um sich für oder gegen das Vorhaben in Ensdorf zu entscheiden. Wolfspeed hätte an diesem Standort nur ein Drittel der Fläche belegt, insofern sei sie auch für weitergehende Ansiedlungen "hochattraktiv".

Nach der jüngsten Entscheidung sah sie keinen Grund, dass der geplante Wolfspeed-Besuch von Wirtschaftsminister Jürgen Barke (SPD) in den USA in der nächsten Woche abgesagt werden sollte. Das Unternehmen habe ein "hervorragendes Produkt" und sich entschieden, dieses im Saarland zu produzieren, sobald es genug Käuferinnen und Käufer gebe, wo dieses Produkt eine Rolle spiele. "Insofern gibt es schon ein großes Interesse von uns, in einem guten konstruktiven Austausch mit diesem Unternehmen zu stehen." Allerdings erwarte sie nicht, dass bei dem Treffen ein anderes Ergebnis herauskomme.

"Der Bund muss mehr liefern"

Große Erwartungen setzt Rehlinger in den Industriegipfel beim Kanzler am nächsten Montag mit Blick auf das Thema Netzentgelt und Energiepreise und Kaufanreize für Elektromobilität. Auch bei der Ministerpräsidentenkonferenz werde man in den nächsten beiden Tagen über dieses Thema zu reden haben.

"Der Bund muss an dieser Stelle mehr liefern, als das, was bisher geliefert worden ist", betonte Rehlinger. Dies bedeute "nicht neue, mit Worten voll geschriebene Seiten von Papier, sondern wir brauchen ein schnell wirksames Maßnahmenpaket zur Stabilisierung und Unterstützung der Industrie hier bei uns in Deutschland." Dies sei dringend - und es sollte ihrer Ansicht nach "eine der letzten Alarmglocken gewesen sein", die nun im Saarland geläutet werden mussten, "damit diese Bewegung endlich stattfinden kann."

CDU-Fraktion fordert neues Geschäftsmodell für das Land

Der Vorsitzende der oppositionellen CDU-Fraktion im Saarland, Stephan Toscani, kommentierte, im Interesse des Landes zähle er darauf, dass dies "keine Beruhigungspille" sei, sondern Rehlingers Wort belastbar sei und die Wolfspeed-Ansiedlung weiterhin realistisch bleibe. Die CDU mache sich immer größere Sorgen, dass der Strukturwandel scheitere. Zu hohe Energiepreise gerade für die energieintensiven Betriebe oder das "ideologische Verbrennerverbot", das Industrie, Wirtschaft und Bürger extrem verunsichere, seien nur zwei Gründe für die momentane Krise. Die treffe das Saarland besonders hart, da man hier überdurchschnittlich von der Automobil- und Zulieferindustrie abhängig sei. Nach Ansicht Toscanis braucht es "ein neues Geschäftsmodell" für das Saarland.

IG Metall: Wolfspeed sollte Stellenabbau kompensieren

Die IG Metall Saarbrücken war nach Aussage ihres Ersten Bevollmächtigten Patrick Selzer überrascht worden von den Nachrichten. "Im Rahmen von Zukunftsszenarien war die Neuansiedlung von Wolfspeed eine wichtige Komponente, um den Rückgang der Beschäftigung bei neuen Produkten aufzufangen und zu kompensieren", teilte er mit. In diesem Zusammenhang habe man bereits mehrfach die Forderung an die Bundespolitik gerichtet, endlich schnell zu handeln und die Schuldenbremse zu lockern.  © Deutsche Presse-Agentur

Nachrichten aus anderen Regionen
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.