Vor dem EM-Viertelfinale des DFB-Teams gegen Spanien in Stuttgart macht der ehemalige VfB-Profi und Host-City-Botschafter Cacau den Head-To-Head-Vergleich. Außerdem spricht der Ex-Nationalspieler über die besondere Stimmung im Stuttgarter Stadion sowie seinen deutschen Lieblingsspieler.

Ein Interview

Für viele ist es bereits das vorgezogene Finale dieser EM: Im Viertelfinale treffen mit Deutschland und Spanien die beiden Teams aufeinander, die beim Turnier bislang mit am meisten überzeugt haben.

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Vor dem Duell am Freitagabend in Stuttgart haben wir mit dem ehemaligen Stuttgarter Stürmer Cacau gesprochen. Für uns hat er sich außerdem die beiden voraussichtlichen Aufstellungen einmal genauer angesehen und den Head-To-Head-Vergleich gemacht. Das Ergebnis deutet auf ein spannendes Spiel hin.

Ex-Stuttgarter Cacau im Interview

Herr Barreto, was sagen Sie zum deutschen Auftritt gegen Dänemark?

Vor allem am Anfang war Deutschland sehr überzeugend. Hätte das Tor von Schlotterbeck gezählt, dann wäre das Spiel deutlicher ausgefallen. Dann hat das Team aber irgendwann den Faden verloren und war nicht mehr so überzeugend und zwingend mit den Chancen und Abläufen. Am Ende war es knapp – zwar verdient, aber hier und da auch glücklich.

Welcher Spieler im DFB-Team überzeugt Sie bei der EM bislang am meisten?

Einer meiner Lieblingsspieler ist Jamal Musiala. Der ist da, wenn er gebraucht wird. Er hat aus meiner Sicht aber auch noch Luft nach oben. Trotzdem ist er der Spieler, der am meisten Spaß macht.

"Ich persönlich würde Füllkrug spielen lassen."

Cacau über das Angreifer-Duell Havertz vs. Füllkrug

Im Vorfeld des Spiels gegen Dänemark kam eine Stürmer-Diskussion auf. Die Frage an Sie als ehemaligen Angreifer: Würden Sie Kai Havertz oder Niclas Füllkrug im DFB-Sturm aufstellen?

Ich persönlich sehe Havertz nicht als Mittelstürmer und hätte tatsächlich Füllkrug als richtige Nummer Neun gebracht – vor allem als Zielspieler, der seine Sache ziemlich gut macht, wenn er reinkommt. Aber am Ende muss der Trainer entscheiden und er möchte Havertz nicht auf der Bank lassen, weil er ja auch gut gespielt hat. Aber ich persönlich würde Füllkrug spielen lassen.

Niclas Füllkrug
Ginge es nach Cacau, würde Niclas Füllkrug im DFB-Angriff starten. © IMAGO/Ulmer/Teamfoto

Das Viertelfinale findet ihn Stuttgart statt: Sie als ehemaliger Stuttgarter Spieler und Host-City-Botschafter der Stadt kennen das Stadion bestens. Was macht es so besonders?

Für mich ist es eines der schönsten und funktionellsten Stadien Deutschlands – auch, weil man von überall gut den Platz sehen kann. Vor allem seitdem das Stadion vor einigen Jahren in eine reine Fußball-Arena umgebaut worden ist, herrscht dort eine ganz besondere Stimmung. Man hat ja auch schon bei den bisherigen Spielen gesehen, welche Stimmung dort herrscht und das wird auch gegen Spanien wieder so sein.

Deutschland und Spanien im Head-To-Head-Vergleich

Manuel Neuer vs. Unai Simón

Eindeutig Neuer. Er ist nach wie vor souverän und gut – das hat er auch bei der EM schon wieder gezeigt. 1:0

Joshua Kimmich vs. Daniel Carvajal

Da würde ich Unentschieden sagen. Carvajal ist ein guter Spieler, aber nicht Weltklasse wie andere Spanier. Und Kimmich macht das sehr gut auf seiner rechten Seite. Ich sehe ihn auch eher als Rechtsverteidiger und nicht im Mittelfeld, weil er auf dieser Position für die Nationalmannschaft viel wertvoller ist. 2:1

Jonathan Tah vs. Robin Le Normand

Tah ist zweikampfstärker, im Spielaufbau ist der Spanier Le Normand aber vorne – deswegen würde ich auch hier Unentschieden sagen. 3:2

Antonio Rüdiger vs. Aymeric Laporte

Laporte finde ich sehr, sehr stark. Toni ist aber auch überragend. Auch aufgrund seiner Leistung im Dänemark-Spiel sehe ich ihn minimal vorne. 4:2

David Raum vs. Marc Cucurella

So gut ich Maximilian Mittelstädt sehe und ihn in der Nationalmannschaft begrüße, hat es Raum bei seinen Einsätzen bislang gut gemacht. Ich sehe keinen Grund, ihn jetzt wieder rauszunehmen. Im Duell mit Cucurella würde ich aber den Spanier vorne sehen, der technisch sehr gut ist und sich immer wieder nach vorne einschaltet. 4:3

Warum Cacau Spaniens Rodri vor Kroos sieht

Toni Kroos vs. Rodri

So sehr ich es Toni gönnen würde, aber da sehe ich tatsächlich Rodri vorne. Aus meiner Sicht setzt er bei den Spaniern die entscheidenden Akzente nach vorne – sowohl mit seinen Pässen als auch mit seiner Ruhe am Ball. Zudem ist er auch torgefährlich, wie man beim Spiel gegen Georgien gesehen hat. Sein Tor hat dem Spiel die Wende gegeben. 4:4

Robert Andrich vs. Fabián Ruiz

Andrich macht es gut, er spielt eine solide EM und ist schon jetzt eine wichtige Säule für die deutsche Nationalmannschaft. Er ist sehr zuverlässig und hält Toni Kroos den Rücken frei. Trotzdem würde ich hier Unentschieden sagen. 5:5

Ilkay Gündogan vs. Pedri

Ich sehe Gündogan vorne. Er ist Kapitän und ein sehr erfahrener Spieler, der gut ins Turnier gestartet ist und aus meiner Sicht einen sicheren Eindruck macht. 6:5

"Ich mag ihn normalerweise auch, aber leider spielt er ein schlechtes Turnier."

Cacau über Leroy Sané

Jamal Musiala vs. Nico Williams

Das ist total schwierig! Musiala ist wie schon erwähnt mein Lieblingsspieler im deutschen Team und er macht das auch sehr gut bislang. Aber Williams ist fast nicht zu stoppen. Er lässt die Dinge so leicht aussehen und lässt die anderen, obwohl sie Weltklasse sind, mit einer Selbstverständlichkeit einfach sehr alt aussehen. Deswegen muss ich Williams nehmen. 6:6

Leroy Sané vs. Lamine Yamal

Ich glaube, Nagelsmann steht auf Leroy. Ich mag ihn normalerweise auch, aber leider spielt er ein schlechtes Turnier. Begründungen gibt es ja genug. Er hat es leider nicht geschafft, die Kurve zu kriegen und das Vertrauen zurückzuzahlen. Ich hätte Florian Wirtz aufgestellt, aber ich denke, dass Nagelsmann wieder auf Sané setzen wird. Sané gegen Yamal ist eigentlich auch nicht einfach. Aber in diesem Moment, in der aktuellen Form, ganz klar Yamal. 6:7

Kai Havertz vs. Álvaro Morata

Da würde ich Havertz vorne sehen. Morata spielt für mich keine tolle EM. Er ist zwar ein wichtiger und erfahrener Spieler und als Kapitän wichtig auf dem Feld, aber trotzdem sehe ich hier Havertz vorne. 7:7

"Das wird sehr heikel!"

Cacau über das Viertelfinal-Duell Deutschland gegen Spanien

Was Ihr Tipp ist für das Viertelfinale?

Ich wünsche mir einen Sieg von Deutschland, glaube aber, dass Spanien gewinnen wird. Ich freue mich auf ein ganz besonderes Spiel. Das wird sehr heikel! Wenn Deutschland an die Leistungsgrenze geht und alle auf Top-Niveau spielen, dann können sie die Spanier schlagen. Aber es wird ganz spannend – es kann sogar sein, dass das Spiel erst im Elfmeterschießen entschieden wird.

Glauben Sie, dass der Sieger des Spiels am Ende auch Europameister wird?

Nicht automatisch, aber die Chance ist natürlich sehr hoch. Um nicht zu diplomatisch zu sein, würde ich sagen: eher ja. Du hast jetzt Portugal oder Frankreich, aber sowohl Deutschland als auch Spanien können beide Mannschaften natürlich schlagen. Auf der anderen Seite des Baums wird man sehen, was passiert – auch die Schweiz ist aktuell sehr stark. England hingegen überzeugt mich überhaupt nicht. Da ist alles offen. Ich glaube aber schon, dass der Europameister letztendlich von der deutschen Seite des Baums kommen wird.

Über den Gesprächspartner

  • Claudemir Jerônimo Barreto, besser bekannt als Cacau (Jahrgang 1981), ist ein ehemaliger deutscher Fußballspieler, der über zehn Jahre lang beim VfB Stuttgart spielte (2003 bis 2014). Mit den Schwaben konnte Cacau in der Saison 2006/07 die Deutsche Meisterschaft feiern. Bei der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika war er Teil des DFB-Kaders und erzielte direkt im ersten Spiel ein Tor. Im Halbfinale schied Deutschland damals gegen Spanien aus. 2016 beendete der Stürmer seine aktive Karriere, ein Jahr später erhielt er den Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg. Der Klubrepräsentant des VfB Stuttgart ist bei der EM 2024 Botschafter der Host City Stuttgart.
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