Die Meisterschaft ist zwar bereits entschieden, dennoch ist die Bundesliga weiterhin spannend. Vor allem im Kampf um die internationalen Plätze kann sich bei den verbleibenden vier Spieltagen noch einiges tun. So stehen die Chancen der Europa-League-Anwärter FC Schalke 04, Borussia Dortmund, FC Augsburg, TSG 1899 Hoffenheim und Werder Bremen.
"Der Abstiegskampf ist das neue Titelrennen", das hat die Bundesliga offenbar fix beschlossen. Das neue Motto huldigt der Dominanz der Bayern und dem Tohuwabohu im Keller - die Fans dürfen sich von beidem schon seit zwei Jahren überzeugen lassen.
Aber was ist eigentlich mit der gehobenen Mittelschicht der Liga? Die Bayern sind Meister, klar. Dazu sind Wolfsburg, Mönchengladbach und Leverkusen vom Rest entrückt und hegen veritable Champions-League-Ambitionen. Dahinter tobt aber ein heftiges Ziehen und Zerren um die Europa-League-Plätze, wenngleich die Anstrengungen der Kandidaten in den letzten Wochen nicht immer sehr erfolgreich waren.
Gleich fünf Klubs dürfen sich ernsthafte Hoffnungen auf die zwei oder - je nach Ausgang des DFB-Pokalfinales zwischen Wolfsburg und Dortmund - sogar drei Startplätze im internationalen Wettbewerb machen. Dabei sind die Leistungskurven der Kontrahenten höchst unterschiedlich. Wer hat die besten Chancen, wer schafft es am Ende nach Europa - und wer nicht? Eine Analyse.
FC Schalke 04 (Platz 5, 42 Punkte)
Die Champions League war das Ziel, jetzt bangt Königsblau sogar um die kleine Schwester Europa League. Nur ein Sieg aus den letzten zehn Ligaspielen zimmert eine bedrohliche Kulisse, zuletzt erzielte die Mannschaft in sechs Spielen drei Tore.
Nach der Niederlage in Mainz sprachen einige Spieler unverhohlen zwischenmenschliche Diskrepanzen im Team an. Die Mannschaft tritt schon länger nicht mehr als Einheit auf. Der Trainer wirkt ratlos. Roberto di Matteo gelingt es derzeit nicht, so etwas wie Teamgeist zu entwickeln und das Offensivspiel zu beleben.
Das führt dazu, dass einige Stars unzufriedener werden (Boateng, Meyer, Draxler) oder mittlerweile völlig von der Rolle sind wie Torjäger Klas-Jan Huntelaar, dem noch kein einziger Treffer in der Rückrunde geglückt ist und er seit November auf ein Erfolgserlebnis wartet.
Vor der Partie gegen Stuttgart hat die Mannschaft ein Trainingslager bezogen - für gewöhnlich ein klares Indiz dafür, dass es auf mehreren Ebenen nicht stimmt. Das Spiel gegen den Tabellenletzten wird zum Knackpunkt: Schafft Schalke einen Sieg, ist Europa zum Greifen nah. Alles andere würde die Krise aber vehement verschärfen und auch den Trainer langsam in Frage stellen.
Restprogramm: VfB Stuttgart (H), 1. FC Köln (A), SC Paderborn (H), Hamburger SV (A)
FC Augsburg (Platz 6, 42 Punkte)
Seit der FCA seine Zurückhaltung aufgegeben und den Einzug in die Europa League als neues Saisonziel definiert hat, läuft es nicht mehr bei den Schwaben. Zuletzt war Augsburg in den Auswärtsspielen in Freiburg, Paderborn und nun Hamburg ein gern gesehener Aufbaugegner für das jeweilige Schlusslicht der Tabelle. Die Auswärtsschwäche (fünf Niederlagen in Serie) hat den schönen Vorsprung auf Rang sieben auf zwei mickrige Zähler schrumpfen lassen. Nervös wird deshalb in Augsburg aber niemand.
"Wenn wir unsere beiden Heimspiele gegen Köln und Hannover gewinnen, sieht es schon ganz ordentlich aus", sagt Torhüter Marwin Hitz, der aber auch weiß, dass in den beiden anderen Spielen in der Fremde kaum etwas zu holen sein wird: Da warten mit den Bayern und Mönchengladbach zwei der drei heimstärksten Teams der Liga.
Der FC Augsburg hat sich seine Schwächephasen zur Unzeit genommen, aus den letzten elf Spielen nur zwei Siege und neun Punkte eingefahren. Das ist deutlich zu wenig für die Europa League. Gewinnt Augsburg beide Heimspiele, stehen die Chancen wieder gut. Dazu muss aber eine deutliche Leistungssteigerung her. Ansonsten bleibt der Traum von Europa erneut unerfüllt.
Restprogramm: 1. FC Köln (H), FC Bayern München (A), Hannover 96 (H), Borussia Mönchengladbach (A)
TSG 1899 Hoffenheim (Platz 7, 40 Punkte)
Bei der TSG sah es zuletzt nicht danach aus, als könne sie noch einmal in den Kampf um die Qualifikation eingreifen. Der Sieg zuletzt gegen Hannover hat die Mannschaft von Markus Gisdol aber zurückgeholt ins Rennen.
Das Spiel am Wochenende gegen Dortmund wird von entscheidender Bedeutung sein: Mit einem Sieg bleibt Hoffenheim Augsburg und Schalke zumindest auf den Fersen und könnte sich des schärfsten Verfolgers entledigen. Bei einem Remis oder einer Niederlage dürfte es sehr schwer werden mit der Qualifikation aus eigener Kraft. Dann blickt ganz Hoffenheim am 30. Mai nach Berlin und drückt Wolfsburg im Pokalfinale die Daumen: Platz sieben würde der TSG dann auch noch reichen, um in die Qualifikationsrunde der Europa League zu gelangen.
"Wir wollen in der Tabelle noch ein bisschen klettern", sagt Mittelfeldspieler Eugen Polanski. Dafür müsste aber alles optimal laufen. Das Restprogramm hat es mit dem BVB, dem Derby in Frankfurt, Leverkusen (A) und Hertha (H) in sich. Platz sieben - mehr dürfte für 1899 nicht drin sein.
Restprogramm: Borussia Dortmund (H), Eintracht Frankfurt (A), Bayer 04 Leverkusen (A), Hertha BSC (H)
Borussia Dortmund (Platz 8, 39 Punkte)
Der Einzug ins Pokalfinale gibt dem BVB gleich zweifach einen Schub: Zum einen stehen die Chancen auf die zweite Option, sich nach dieser Seuchen-Saison doch noch zu qualifizieren, gut. Und zum anderen ist der Sieg beim Erzrivalen in München für die Köpfe der Spieler wie Doping.
Die körperlichen Folgen, die das epische Halbfinale gegen die Bayern hinterlassen haben, muss die Borussia jetzt schnell ausblenden. In Hoffenheim steht erneut sehr viel auf dem Spiel. "Wir können noch richtig was rausholen aus der Saison", sagt Mats Hummels. Dafür muss aber in den letzten vier Liga-Spielen auch alles passen: Gegen Hertha und Werder bedarf es zweier Heimsiege, in Hoffenheim und Wolfsburg sollte die Mannschaft wenigstens punkten.
Immerhin: Die Borussia ist von allen Mannschaften im Rennen die mit der besten Form. 24 Punkte hat der BVB in der Rückrunde schon geholt, von den letzten elf Spielen nur zwei verloren (gegen Bayern und Gladbach). Jürgen Klopps Mannschaft ist alles zuzutrauen. Selbst Platz fünf.
Restprogramm: TSG 1899 Hoffenheim (A), Hertha BSC (H), VfL Wolfsburg (A), Werder Bremen (H)
Werder Bremen (Platz 9, 39 Punkte)
Das Dark Horse unter den Anwärtern. Werder hat nach dem fast schon sensationellen Hoch zu Beginn der Rückrunde seine Unbekümmertheit und sein Glück verloren. Jetzt wird auch dem Letzten klar, dass die Mannschaft über ihre Verhältnisse gespielt und gepunktet hat.
Trotzdem hat Bremen immer noch die Chance, sich zu qualifizieren, was angesichts von Tabellenplatz 18 noch am 16. Spieltag einer Sensation gleich käme. Auch Trainer Viktor Skripnik hat die Teilnahme an der Europa League als Ziel ausgerufen. Seine Mannschaft funktioniert nur dummerweise nicht mehr ganz so stabil wie noch vor ein paar Wochen.
Nur ein Sieg aus den letzten sechs Spielen, zuletzt das mehr als glückliche Remis bei Abstiegskandidat Paderborn: Werder kommt mit der neuen Rolle, plötzlich in einigen Spielen der Favorit zu sein und deutlich mehr Ballbesitz zu haben, nicht so gut zurecht. Dazu stecken Leistungsträger wie Zlatko Junuzovic oder Franco di Santo in einem kleinen Leistungsloch fest.
Das Heimspiel gegen Frankfurt muss gewonnen werden, um überhaupt noch reelle Chancen zu wahren. Danach geht es gegen Hannover (A), Mönchengladbach (H) und am Ende nach Dortmund. Für Werder bleibt nach 34 Spieltagen allenfalls Platz acht oder neun.
Restprogramm: Eintracht Frankfurt (H), Hannover 96 (A), Borussia Mönchengladbach (H), Borussia Dortmund (A)
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